Meine Herzenssprache.

Vor 3 Tagen hatte ich mir vorgenommen auf Türkisch zu schreiben.

Es war egal was, nur, ich wollte einen Text auf Türkisch verfassen.

Ich setzte mich hin.

Fing an zu schreiben. Wie immer – ohne zu denken, ohne einen Gedanken vorher darauf zu verschwenden. Einfach schreiben. Das, was sich gerade in meinem Kopf, meinem Herz und in meiner Seele befand.

Ich schrieb genau ein Wort. Ein Wort. „Hasret.“ (=Sehnsucht)

Und dann packte mich die Angst.

„Ich kann doch gar kein Türkisch?!“, dachte ich mir. „Klar, mein Papa ist ursprünglich aus der Türkei. Und meine Mama auch. Und ich war schon mal dort. 4 Mal vielleicht? Aber, ich kann doch gar kein Türkisch?!“

Die Herzenssprache, hatte es Esma Abla mal genannt. Türkisch sei ihre Herzenssprache. Ihre Gefühlssprache.

Ich habe so viele Empfindungen, so viele Gedanken. Meine Gedanken sind ab und an auf Türkisch. Aber ich kann es nicht nieder schreiben.

Bin ich etwas viel mehr Deutsch als ich glaubte, und viel mehr weniger Türkisch als meine Umgebung mich wahrnimmt und wahrnehmen will.

Es war nie eine Frage für mich; Ich bin ein Teil dieses Landes. Und ich wusste schon immer: Deutsch ist die Sprache, die ich am besten spreche und türkisch spreche ich eigentlich nur mit meiner Oma. Und manchmal mit meiner Mutter. Aber immer seltener. Und vielleicht auch mit meinem Onkel. Ab und zu. Wenn wir nicht gerade Schwäbisch reden.

Ich lief zu meinem Bücherregal (das eigentlich nur mein Fensterbrett ist, da ich keines besitze und das was ich besitze viel zu klein für all meine Bücher ist) 2 Bücher auf Türkisch. 3 wenn es hochkommt.

Eines über den Mystiker Rumi. Und eines über die Frau des Propheten (s) Hatica r.a. Und… die türkische Übersetzung des Korans.

„Ich fühle mich wie in der 3. Klasse, wenn ich ein türkisches Buch lese..“, dachte ich mir immer, wenn ich eines von Papas Regal raus nahm (welches übrigens Bücher in wirklich fast allen Sprachen der Welt enthält – was will er eigentlich mit all den Büchern, auf all den Sprachen?) Und ich legte es immer wieder hin und widmete  mich meinen deutschen Büchern zu.

Weil ich sie verstand. Und weil ich sie fühlte. Ich musste bisher noch nie ein Wort nachschlagen. Selten musste ich einen Satz mehr als zwei Mal lesen. (Abgesehen von Nietzsche – aber den verstehen auch andere nicht)

Ich war mir nie darüber bewusst. Bis ich vor 3 Tagen einen Text schreiben wollte. Auf Türkisch. Weil meine Mutter ist Türkin. Und mein Vater auch. Eigentlich.

„Meine Herzenssprache ist Türkisch“, sagte mir meine Esma Abla mal während wir zur Mittagspause einen Kaffee tranken.

Ich schwieg damals, und schaute sie fragend an. Nicht, weil ich etwas an ihrer Aussage auszusetzten hatte. Nur dachte ich mir: „Nein, ich glaube meine nicht.“ Aber sicher war ich mir damals nicht.

Ich war mir nie darüber bewusst. Bis ich vor 3 Tagen einen Text schreiben wollte. Auf Türkisch.

Dieser Text ist Deutsch. Weil ich nun weiß: Meine Herzenssprache ist Deutsch.

Dieser Text ist Deutsch. Vielleicht weil ich viel mehr Deutsch bin als ich bisher glaubte, und viel weniger Türkisch, als es die Gesellschaft wahr haben will.

Dieser Text ist Deutsch. Aber vielleicht werde ich irgendwann einen Text auf Türkisch schreiben. Vielleicht…

2 Gedanken zu „Meine Herzenssprache.“

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