Tag der Bildung.

Heute ist Tag der Bildung. Eigentlich muss ich für meine Modulprüfung am Samstag lernen, und wollte nichts schreiben. Hab meine Meinung geändert. Also nur kurz. 

Meine erste Hausarbeit in meinem Pädagogik Studium schrieb ich über: „Die Auswirkung des Migrationshintergrunds auf den Bildungsweg und den Schulabschluss von Kindern mit Migrationshintergrund.“ Heute würde ich es anders benennen, aber wie gesagt, war meine erste Hausarbeit. Da heute der Tag der Bildung ist möchte ich euch nur ein bis zwei Ergebnisse aus der 3. World Vision Kinderstudie vorstellen, die sich unter anderem genau mit diesem Thema beschäftigte. 

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Abbildungsquelle: Word Vision Institut. (Studie 2013) {08.12.2016}

Aus dieser Grafik geht klar hervor, dass Kinder, die zur unteren Bildungsschicht gehören viel weniger ein Abitur anstreben, als Kinder die zur oberen Bildungsschicht gehören. Wenn man sich näher mit der Studie befasst, weiß man, dass viele Familien mit Migrationshintergrund eher zur unteren Bildungsschicht gehören, als zur mittleren oder zur oberen. 

Ein weiteres Ergebnis, nach dem Statischen Bundesamt: Datenreport 2006  besagt, dass Kinder, 

ohne Hauptschulabschluss: 7,4% deutsche Kinder // 18,1% ausländische Kinder,

mit Hauptschulabschluss: 23,5% deutsche Kinder // 40,9% ausländische Kinder,

mit Abitur: 24,3% deutsche Kinder // 8,9% ausländische Kinder sind.  (vgl. World Vision Studie, 2013)

Das sind nur wenige wichtige Zahlen von vielen wichtigen Zahlen die aufzeigen, dass Bildungsgleichheit und Chancengleichheit noch nicht auf dem Niveau sind, wie sie  sein sollten. Doch wir sehen Veränderung, und das macht Mut. Wir sehen aber auch negative Beispiele, wie zum Beispiel, dass ein Kind oder Jugendlicher „mit Mh“ genau weiß, dass es mindestens doppelt so viel leisten muss, als ein „deutsches Kind“ um das Gleiche zu erreichen. Auch das ist ein großes Problem in unserem Bildungssystem. Was ist mit -das- gemeint? Ich rede nicht groß drum herum. Ich meine Rassismus. 

Alles Gute zum Tag der Bildung. Auf dass wir unsere Schwächen abschaffen und unsere Stärken verfestigen. 

Und in diesem Sinne: Liebe Grüße an meine ganzen LehrerInnen, die mich immer fertig gemacht haben, dass ich es sowieso nie schaffen würde, und das schon auf der Hauptschule. Ich habe meinen BA in Pädagogik und mache gerade meinen Master – so viel dazu! Und danke an Jene, die an mich glaubten – ihr seid echt cool!

Nachtrag: Wieso ich den Titel der Hausarbeit, den meine Dozentin damals aber toll fande, heute nicht mehr so nennen würde. Ich glaube nicht dass der Mh eine Auswirkung auf die Schulkarriere hat. Ich glaube, dass es viele verschiedene Faktoren sind, die sich darauf auswirken und die durch gute PädagogInnen und mehr Zeit für eben diese PädagogInnen gut aufgefangen werden könnten. Zudem ist es, vor allem für Betroffene, kein großes Geheimnis mehr, dass Rassismus ein großer Stein in der Bildungskarriere von Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen ist!

#storytime

Ich treibe mich ja oft auf YouTube rum. Zum Einen weil es einige (wenige!) YoutuberInnen gibt die ich sinnvoll und cool finde und sie gerne verfolge, zum Anderen um einfach zu sehen, was sich vor allem junge Mädchen so auf YouTube anschauen.

Und hinter ein relativ neues Konzept auf YT bin ich immer noch nicht so recht gestiegen. #storytime nennt sich das.
Da erzählen YouTuberInnen schlimme, dramatische, traumatische Geschichten aus ihrem Leben, empören sich, weinen, schreien und geben die tiefsten Tiefen ihrer Seele jedem zum Reinschauen in die Finger.

Geschichten wie: Als mein Freund starb, Ich wurde vergewaltigt, Ich wurde geschlagen, Papa gestorben, Opas Tod hat mich gerettet,…

Ich frag mich, was das bringen soll. Man könnte jetzt mit dem Argument kommen, dass die Jugendlichen denen etwas ähnliches passiert ist, dann offener und besser damit umgehen können und/oder sensibler werden. Das denke ich aber nicht.
Ich finde allgemein diese Entwicklung auf Sozialen Plattformen in Richtung immer extremer, immer sensationeller wirklich wirklich gefährlich!

Vielleicht sollten wir uns öfter damit auseinander setzen was unsere Kinder und Jugendlichen sich im 5 Minuten Takt so rein ziehen und mit ihnen darüber sprechen!

Denn wenn eine Youtuberin ca. 20.000 Abos hat, und von diesen #storytimes lebt, da ein Titel mit „Opas Tod hat mir das Leben gerettet“ viele Klicks, in diesem Fall ca. 800.000 bringt, dann soll sie mir nicht erzählen, es habe einen sozialen oder pädagogischen Mehrwert. Und auch die Youtuber: eure Zuschauer sind keine Therapeuten. Wenn ihr Dinge verarbeiten müsst, die euch wirklich scheiße geprägt haben, dann sucht euch professionelle Hilfe. Das 14 Jährige Mädchen, das vor dem PC sitzt und dank euch schon aussieht, sich kleidet und schminkt, gibt, redet wie eine 20 Jährige mit Minderwertigkeitskomplexen wird euch da nicht viel weiter helfen können.

Natürlich, die Klicks eurem Konto aber schon.

„#storytime“ weiterlesen

Wieso ich Anwältin werden wollte. Wieso ich Pädagogin (werde) geworden bin.

Seit dem ich denken kann wollte ich Anwältin werden. Ich wollte in einem Gerichtssaal stehen, mit meiner Robe über meinen Schultern, bei dem Gedanken alleine fühlte ich mich groß und so, als könnte ich jemandem etwas Gutes tun – dem, der neben mir sitzt.

Ich wusste schon immer Ungerechtigkeiten zu erkennen, diese zu verurteilen und die Menschen bestrafen zu wollen – in dem Maße, wie sie es verdient haben. Ja ich finde, es sollte Strafe geben – im verdienten Maße.

Ich habe nie in die Gesichter der Menschen lachen können, von denen ich wusste, dass sie andere zum Weinen bringen. Ich habe es nie geschafft mein Gewissen zum Schweigen zu bringen, auch einmal „böse“ zu sein, damit ich etwas habe/bekomme, dass ich wollte, nie aber sonst haben könnte. Ich war immer zufrieden damit. Ich war bekannt als die, die immer versucht das Richtige zu tun – die meisten meiner Klassenkameraden haben mich auf Ausflügen gehasst, die meisten LehrerInnen benutzen mich als Hilfsbetreuerin. Kein Witz! 

Ich sitze wieder an meinen Laptop, jetzt gerade im Moment seit ca. 3 Stunden und versuche eine blöde Hausarbeit zu schreiben. Früher habe ich es geliebt nun aber, wo Stress mein stetiger Begleiter geworden ist, will ich sie nur noch schreiben und abgeben. Mit der Hoffnung auf einen baldigen Titel als  Pädagogin. Ja, ich habe mich gegen ein Jura -Studium entschieden. Wieso, wenn ich doch so viel mehr Prestije und vor allem Geld hätte haben können? 

Es geht um die Ungerechtigkeit, die mich viele Nächte nicht schlafen lässt, die mich viele Tränen gekostet hat, viele Nerven, viele Tage, in denen ich versuchte mit ihnen klar zu kommen – es gelang nie – bis heute nicht. 

Anwälte, Richter – sie bestrafen jemanden, nach dem er eine Tat begangen hat. Erst wenn etwas passiert, so in Deutschland, kann auch wirklich etwas unternommen werden. (so krank es auch klingt). Als Juristin also sorge ich dafür, dass das „böse“ hinter Gittern kommt, aber das „Böse“ hat sich zuvor schon entfalten können. 

Als Pädagogin kann ich es vielleicht schaffen, dass Böse in dem Menschen zu ersticken und statt dessen den Platz mit Liebe zu füllen? So, dass gar keine bösen Taten mehr gemacht werden? So dass er gar nicht vor den Richter treten muss? 

Ich mag meine Hausarbeit noch immer nicht. Auch nach diesem Text nicht. Aber ich mag den Gedanken, mit dem Titel, den mir u.a. diese Arbeit bringt möglicherweise, in Zukunft, irgendwann einmal etwas Böses verhindern zu können! 

 

#campusrassismus

Wenn die Musikdozentin ein Lied singen will in dem von „Türkentrank“ und „Muselmännern“ die Rede ist und auf die Kritik hin, dass das nicht ok sei, mit „Ich verstehe dieses ganze politisch korrekte nicht, das ist Geschichte. Ich würde heute auch noch die Zehn kleine Negerlein singen“, antwortet. Sie bildet übrigens PädagogInnen der Kindheit aus. #campusrassismus

Rassismus begegnet uns überall. Auch auf meinem Blog sind viele Beiträge, die wegen Rassismus- und diskriminierungserfahrungen geschrieben und geteilt  worden sind. Die PoC Hochschulgruppe Mainz und ffm haben nun eine Online-Aktion gestartet, in dem die Rassismen auf dem Campus sichtbar werden sollen.

Rassismen die vor allem StudentInnen  auf dem Campus begegnen sollen mit dem #CampusRassismus  geteilt werden, damit die Öffentlichkeit, die Gesellschaft auf Rassismen aufmerksam gemacht wird, die in mitten unseres normalen Alltags passieren.
Oft verstecken sich Rassismen nämlich  hinter Witzen, ach so gut gemeinten Ratschlägen oder der Freiheit Dinge sagen zu dürfen, weil man doch befreundet sei. Doch Rassismus ist nun mal Rassismus. Rassismus ist weder witzig, noch ein gut gemeinter Rat und die Freundschaft ist keine Freikarte für Rassismus!

Macht mit um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen und eine Veränderung herbei zu rufen! 

***

#campusrassismus

„Du hast dich verlobt? War aber schon deine eigene Entscheidung, oder haben dich deine Eltern dazu gezwungen. *lach* ach, ist doch nur ein Spaß!“

„Was, du bist zum Studieren ausgezogen und lebst allein?! Das haben deine Eltern erlaubt? Ich meine, ihr seid da doch immer so streng mit den Mädchen.“

„Der Raum der Stille ist ja eigentlich so sinnlos, das nutzen doch sowieso nur die Kopftuchmädchen. Die Uni hat sowieso schon zu wenig Räumlichkeiten.“

„Wenn eine Woche vor Praktikumsbeginn für ein von der Uni angeordnetes Pflichtpraktikum der Platz abgesagt wird, weil man sich doch entschieden habe keine Praktikantin mit Kopftuch einzustellen und dann noch den gut gemeinten Rat bekommt, dass man doch lieber das Studium abbrechen sollte, weil man mit so einer radikal-islamistischen Einstellung, die daran bemerkbar wäre, dass man sein Kopftuch nicht absetzten wolle, sowieso keinen Job finden würde. Schließlich würde niemand in der pädagogischen Branche eine schleichende Islamisierung meinerseits dulden.“ (siehe Text: wenn mein Kopftuch mit mir sprechen könnte)

 

 

Wenn sich Aisha einer Terrorgruppe anschließt bin ich mit Schuld!

Ich stehe an der Haltestelle und möchte ganz friedlich zu meinem Nähkurs fahren, als eine Gruppe von Jungen (mit „Migrationshintergrund“) die ca. im Alter von 16 Jahren waren total begonnen haben  zu lachen. Das Lachen war extrem laut, so dass sich die anderen Menschen welche an der Haltestelle standen nach ihnen umdrehten.

Erst schenke ich ihnen keine Beachtung – blöde kleine pubertierende Jungs, die den Style eines komischen Rappers kopieren, in ihren noch nicht volljährigen Mäulern Zigaretten haben und denken, sie seien die größten Gangster der Stadt.
Einer schreit aber plötzlich: ’schau mal, da kommt so ein deutscher Opa, lass mal wieder laufen, aber lauter!‘ Alle lachen wieder.
Plötzlich höre ich worüber sie lachen und was sie sich auf dem Handy anschauen. Ein Video. Ein Video in dem Vollidioten die sich Muslim nennen etwas in die Luft sprengen und Allahu akbar dabei schreien.
Der alte deutsche Mann, wie sie ihn nennen,  ist total irritiert. Eine Dame ebenso und sie entfernen sich von der Gruppe welche sich vor lachen nicht mehr ein kriegt.
Diese Jungs schauen Videos von Anschlägen an  in welchen Allahu akbar geschrien wird und amüsieren sich über die Leute, die sich von ihren kanakischen  Körpern entfernen.
Und ich frage mich: was haben wir falsch gemacht?  Was hat die Gesellschaft bei der Erziehung und Bildung dieser armen Jungs falsch gemacht, sp dass sie so Zeug anschauen,  dass sie sich dabei auch noch  cool finden, dass sie das immer lauter an der Bahn Haltestelle aufrufen und darüber lachen, wenn Menschen sich von ihnen räumlich entfernen. Wahrscheinlich in ihrem privaten Leben nicht nur räumlich.

Was habe ich falsch gemacht, wenn Ahmed, Mehmet, Muhammed oder Aisha, Fatma oder Buse, die in dieser Gruppe stehen irgendwann tatsächlich nach Syrien flüchtet um  dort zu kämpfen? Wenn es nicht bei der Belustigung und dem kindlichen Überlegenheitsgefühl bleibt, wenn sich jemand vor Angst oder Schreck von ihnen entfernt?

Ich frage mich, was die ganzen Jugendlichen denken und fühlen, wenn sie sich solch kranken Gruppen anschließen oder wenn sie es „nur“ gut finden, was diese tun. 

Was hat die Gesellschaft, die Schule, die Familie getan, dass kranke Menschen mehr und stärkeren Einfluss haben auf die Jugend als sie selbst – als ich? 

Was geben  radikale Gruppierungen, egal in welche Richtung sie radikal sind, den Jugendlichen, was die „normale“ Gesellschaft ihnen nicht geben  kann?

Wir leben in einer Welt, in der du „sein“ musst. Dein Leben lang arbeitest du darauf hin, gesellschaftliche Anerkennung zu finden und zu bekommen. Wenn du in der Gesellschaft aber nicht angenommen wirst, kein Zugehörigkeitsgefühl besteht und du evtl. sogar noch diskriminiert wirst, dann brauchen wir uns nicht wundern. 

Ich sehe die Aufgabe der Prävention und der Intervention bei jedem einzelnen Menschen, der etwas weiter im Geiste ist. Wir müssen uns um die Kinder und Jugendlichen kümmern, sie an der Hand nehmen und ihnen die schöne, die möglich erfolgreiche Welt zeigen, in der wir auch leben. Wir müssen ihnen zeigen, dass es Auswege gibt, dass auch sie ein Teil dieser Gesellschaft, dieser Bevölkerung sind. 

Wenn Aisha sich heute einer radikalen Gruppe anschließt, dann muss ich mich dafür schämen! Denn Menschen dieser Gruppe haben sich ihrer früher angenommen als ich – und wir haben sie dadurch „verloren“. Wenn Hans sich der rechten Szene anschließt, dann ist mein Gutmensch Nachbar mit verantwortlich dafür, denn sie spielten gemeinsam Fußball und die Rechten haben sich seiner früher angenommen als er – und wir haben ihn dadurch „verloren“. 

Eine Aufgabe des Einzelnen ist es, Terror entgegen zu wirken und präventiv Maßnahmen zu üben! Die Kinder und die Jugendlichen sind in unserer Verantwortung – das müssen wir verstehen und akzeptieren! 

Warum spreche ich nicht çok gut Türkçe?

Ich legte mich in mein Bett. In meinem Kopf kreiste ständig ein Koran-Vers. Ich beschloss aufzustehen, meine Erläuterungen des Korans von meinen Lieblings-Kommentatoren rauszuziehen und mich näher mit diesem Vers zu beschäftigen. Darüber wollte ich eigentlich auch schreiben. 

Eines der beiden Kommentatoren hat seine Erläuterung auf Türkisch geschrieben. Ich las seine Zeilen (die auf türkisch geschrieben sind), um merkte wieder, wie sehr ich mich anstrengen muss, um sie zu verstehen. Zugegeben, er hat ein sehr hohes Niveau an Sprache, aber dennoch.

Immer wenn ich Türkisch lese fühle ich mich wie in der 3. Klasse,  wenn man erst seit 1-2 Jahren lesen kann und sich noch in Geduld und Übung üben muss. Dann muss ich mich bei Texten deren Niveau höher sind immer richtig anstrengen. Wenn mir Menschen begegnen von denen ich weiß, dass sie nur Türkisch sprechen können gerate ich in Panik. Dass ich nun nur Türkisch sprechen muss, kein Gemisch aus Türkisch und Deutsch machen kann damit man mich besser versteht und auch nicht auf Deutsch gehen kann, wenn mir das alles zu anstrengend wird setzt mich unter Druck. 

Dabei liebe ich es Türkisch zu sprechen! Wenn ich Türkisch spreche, nehme ich mich selbst klarer wahr. Ich nehme meine Stimme, meine Gestiken wahr. Ich nehme mein Gegenüber viel präziser wahr. Ich rede nicht einfach daher, sondern denke. Ich habe das Gefühl, dass ich mit mir zufrieden sein kann, wenn ich Türkisch spreche. Ich fühle mich manchmal sogar etwas wohler, beheimateter, wenn es das Wort so gibt. Ich sehe und höre mich selbst, wenn ich Türkisch spreche. 

Vor langer Zeit hatte ich einen Text darüber geschrieben, dass Deutsch meine Herzenssprache ist. Wahrscheinlich ist  das heute noch so?! Aber dennoch bin ich traurig, wenn ich an meine Türkischkenntnisse denke. 

Wieso hat mein Vater eigentlich nur Deutsch mit uns gesprochen? Ich finde es zwar gut, dass wir immer in deutschsprachigen Kreisen groß geworden sind – vor allem wenn es um den Glauben ging, doch fehlt mir nun das Türkisch in meiner Kindheit. 

In der Uni habe ich gelernt, dass das Kind eine Sprache perfekt erlernen muss um mit dieser die Basis für alle anderen Sprachen zu bilden. Welche Sprache das ist, ist erstmal egal. Denn das Kind entwickelt später seine eigene „Dominanzsprache“, also die Sprache, für die es sich „entscheidet“, und das ist bei den meisten Kindern sowieso die deutsche Sprache. Ich wünschte mir, dass meine Eltern nur Türkisch mit uns gesprochen hätten und das heute noch tun würden. Selbst meine Mutter, deren Deutsch nicht perfekt ist, spricht nun Deutsch mit uns – wieso?!

Ich könnte jetzt all die Bücher die ich in Türkisch besitze so leicht lesen wie ich die deutschsprachigen Bücher lese. Ich könnte mich problemlos mit der Oma von nebenan unterhalten, die nur Türkisch spricht, ohne vorher in Panik zu geraten.

Ich könnte türkische Texte auf meinem Blog verfassen.

Wir Deutschländischen Kinder (die, die in Dtland. leben werden in der Türkei  nicht als Türken sondern als Deutschländer „akzeptiert“) nehmen Sprache ganz anders wahr habe ich manchmal das Gefühl. Allein wie wir reden, das Gemisch das wir herstellen, welche Sprache wir wann mit wem wo sprechen usw.. Das alles sind Zeichen, dass wir das Türkische in uns vielleicht doch nicht ganz abgelegt haben? Und auch nicht ablegen werden? Das ist doch ok so!

Naja – chaotisch, dieser Text ist chaotisch, vielleicht weil er sehr persönlich ist und sehr durcheinander – weil ich gerade durcheinander bin. Bitte – nicht noch eine Identitätskrise! 

Ich möchte abschließen mit einem Zitat meiner lieben Freundin Beyza, welchen sie schrieb als es um die „Fremde/Gurbet“ ging: 

Biz nereye gitsek heimatlos olduğumuz için hep gurbetciyiz. Bu kahri çekmek bizim işimiz.

(in etwa: Egal wohin wir gehen, weil wir heimatlos sind, sind wir immer in der Fremde. Diese Trauer zu leben ist unsere Arbeit)

Ist es nicht interessant, dass sie ausgerechnet das Wort „heimatlos“ auf Deutsch schrieb?

Nein, das ist kein Schweinefleisch.

„Nein, das ist kein Schweinefleisch.“, antwortet die Pädagogin auf die Frage eines Mädchens welche sie betreut, ob die Würstchen aus Schwein wären. Nach dieser Antwort greift sich das Mädchen 2 Stück und vertilgt diese herzhaft. Wahrscheinlich merkt sie nicht einmal den Geschmacksunterschied. Ich weiß nicht, ob ich ihn raus schmecken würde. Die Pädagogin schnippelt weiter am Salat als sei nichts und verteilt diesen an die Kinder. Sie weiß, dass die kleine Canan eine Muslima ist.

Von weitem beobachte ich die Situation und nehme mir vor, sie später darauf anzusprechen.

In der Einrichtung zurück, lege ich meine Jacke ab wobei meine Kolleginnen schon am Tisch sitzen und ihren Feierabend-Kaffee genießen. Während dessen überlege ich, wie ich das Thema wohl am besten anspreche und möglichst emotionslos und rational erkläre, dass das absolut daneben und nicht pädagogisch vertretbar war, was sie dort abgezogen hat. Als ich am Tisch ankomme brauche ich nicht weiter zu überlegen – sie sind schon mitten im Thema.

„Ach, die Kinder“, erklärt sie gerade, „die wissen doch gar nicht was der Sinn der ganzen Sache ist, und ich versteh es auch nicht. Fleisch ist Fleisch. Was passiert denn, wenn sie Schwein ist, nichts! Sie hat es ja nicht einmal gemerkt, also werden die Eltern auch nichts davon erfahren und gut ist.“ Die andere Kollegin nickt zustimmen, und ich habe mich mit meinem Kaffee schon dazu gesetzt. Als offensichtliche Muslima werde ich angesprochen, bevor ich überhaupt ansetzen kann: „Oder Esim? Ich meine, was passiert denn jetzt wenn sie das gegessen hat?“

Ich finde diese Art von Ignoranz erschreckend! Als Pädagogin, deren die Kinder von ihren Eltern anvertraut so unsinnig mit ihren Werten umzugehen, das ist absolut daneben. Es kann sein, dass man die Regelungen, an welche sich einige Menschen halten nicht nachvollziehen oder verstehen kann. Gibt das einem aber das Recht dazu so falsch und den Eltern gegenüber hinterlistig mit diesen umzugehen?

Als mir so eine Situation mit Gummibärchen welche Gelatine beinhalteten das erste Mal passierte, dachte ich das sei ein Einzelfall gewesen doch erlebte es noch öfter. Oft höre ich auch im Austausch mit anderen KollegInnen, dass diese ähnliche Erfahrungen machen. , PädagogInnen gehen also zum Teil und nicht selten nachlässig mit religiösen Geboten, welche die Eltern von Anfang an klar stellten um. „Soll das Kind halt diese Gummibärchen essen, passiert ja nichts!“ oder „Es merkt gar nicht den Unterschied zwischen Schwein und Rind, also!“ Das sind „Argumente“ die angebracht werden.

Die Betreuung der Kinder welches das physische mit einschließt sind 1/3 der Hauptaufgaben von PädagogInnen. Diese ist meiner Meinung nach nicht erfüllt, wenn die PädagogIn nachlässig mit Regelung seitens des Elternhauses umgeht, die absolut leicht umzusetzen sind. In einer Einrichtung in der ich arbeitete war ein kleines nicht-muslimisches Mädchen, die Veggie ernährt werden sollte. Dies konnte man auch einhalten.

Schlimm aber ist, dass das von Respektlosigkeit gegenüber den Werten und Ignoranz gegenüber der Familie selbst zeugt. Nach mehr als 50 Jahren, dass muslimische Familien in diesem Land leben und ein Teil dieses geworden sind auf solche Situationen zu stoßen ist ein echtes Armutszeugnis der jeweiligen Personen.
Ich frage mich, wie man unter solchen Umständen ein gutes Vertrauensverhältnis aufbauen soll welches wichtig für die kindliche Entwicklung ist?!

„Alles, was Ihr für Euch von den Menschen erwartet, das tut Ihnen auch.“
Matthäus 7,12

Die Vielfalt mit Ahmet und Hans im Sandkasten.

In meinem Studium haben wir ein Seminar mit dem Titel „Diversity Education“. Man kann es auch Vielfaltspädagogik nennen.

Das Ziel in diesem Seminar ist es, neben Theorie und wichtigen Pädagogen, zu lernen, wie man PädagogInnen, Eltern aber auch Kinder für Vielfalt, Interkulturalität und Fremdheit „sensibilisieren“ kann.

Im Seminar hatte ich nach 3 Vorlesungsstunden, in dem der Prof. den Diversitätsbegriff lang und breit erklärt hatte, einen kleinen Einwand:

Ich frage mich, was denn das wirkliche Ziel von diesen Diversitytrainings und ähnlichen Dingen sind, und wohin das führt bzw. führen soll. Vor allem bei Kindern.

Wenn Ahmed und Hans im Sandkasten miteinander spielen ist es Hans egal, ob Ahmed türkische Wurzeln hat, und Ahmed ist es egal, ob Hans Deutsch ist. Ihnen ist in dem Moment nur wichtig, wer die Schaufel zum Graben bekommt.

Dann kommt die gut für Interkulturalität und Vielfalt ausgebildete Fachkraft, die absolut weiß was sie tut und sagt etwas wie:

Hey, Jungs ich verrate euch jetzt mal was;
Hans, weißt du, der Ahmet ist anders als du. Weil er hat einen türkischen „Migrationshintergrund“. Dies bedeutet, dass er laut Lehrbüchern ein Risikokind ist, und wahrscheinlich auch andere Risikofaktoren wie ein sozial schwaches Umfeld, mehrere Geschwister und vieles mehr auf ihn zutreffen. Das heißt, laut Lehrbüchern dürfte aus ihm eigentlich nicht sehr viel werden. Zudem wird er dich wahrscheinlich machohaft anmachen, wenn du ihm nicht die Schaufel gibst, wenn er sie will.

Ahmet und weißt du, der Hans, der ist Deutsch. Also hat er keinen „Migrationshintergrund“ sowie du. Er braucht also keine besondere Betreuung und Förderung wie du, weil er kein Risikokind ist. Laut Lehrbüchern ist er kein Risikokind und aus ihm dürfte etwas werden.

Aber kein Problem! Unser Pädagogikverständnis ist so toll, dass ich das sofort wieder regeln kann. Ich kann euch nämlich dafür sensibilisieren!

*

Kindern die absolut keine Unterschiedlichkeit in unserem Verständnis aneinander wahrnehmen und dies absolut nicht als Differenz sehen, suggerieren wir im Deckmantel der „Interkulturellen Bildung und Diversity-Pädagogik“, dass sie unterschiedlich und zum Teil „anders“ sind.

Etwas das eigentlich gleich ist, „ENT-gleichen“ wir mit diesem Verhalten, wie es die Soziologie nennt. Man spaltet und trennt um es dann mit Sensibilisierung wieder gleich machen zu können. Beachten aber nicht, dass uns das nie gelingen wird, weil die Spaltung zuvor kam.

Das Ziel von Vielfaltspädagogik sollte es sein, dass es in dieser Form keine Vielfaltspädagogik mehr gibt!
Ich möchte irgendwann in einen Raum treten, und nicht nur als Muslima, oder „hm, wahrscheinlich Araberin? Türkin?“ wahrgenommen werden, sondern als das, als die ich dort anwesend bin. Studentin, Schreiberin, angehende Pädagogin, Jugendarbeiterin und vieles mehr.

Ziel der Diversity Education sollte es sein, dass keine Sensibilisierung mehr nötig ist. Denn sie ist nur nötig, wenn zuvor gespalten worden ist.

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Migration.

„Migration ist meist ein hoffnungsvoller, mit großem Gestaltungswillen verbundener Prozess, der auch eine Herausforderung im Positiven darstellen.“
(Ingrid Gogolin, 2001, S. 1032) (Hervorhebungen durch mich)

Herausforderung?

Die erste Herausforderung die Kinder mit Migrationshintergrund haben ist, dass sie immer als „Kinder mit Migrationshintergrund“ betitelt und als diese abgestempelt werden. Nach dem Motto: Willkommen in der Schublade der ‚Statistikenfüller’ und Versager.

Wir sehen Migration oft als negative Herausforderung (für uns als PädagogInnen und auch für die Kinder). Doch sehen wir nie das Positive hinter dem Bild.

Kinder mit Migrationshintergrund müssen sich in der Gesellschaft immer mehr behaupten. Sie werden nicht nur von der Bildungsgesellschaft unter Druck gesetzt, sondern haben zusätzlich den Druck im Zuhause „Oglum/Kizim, okuda Adam ol!“ (sinngem.: Mein Kind, studier’/lerne und werde zu einer bedeutenden/erfolgreichen Person) und sie setzten sich immer mehr selbst unter Druck. So werden Kinder und Jugendliche nicht nur von außen getrimmt, sondern sie trimmen sich im Inneren auch selbst.

Denn sie wissen: wenn sie eine Zeit lang „schwach“ sind, zeigt man mit dem Finger auf sie. Sie sind dann die schwachen „Türken/Araber/xy…-Kinder“. Sie werden Teil einer schlechten Statistik wovon es zur Genüge gibt und sind nicht einfach nur in einer schlechten Phase.

Es werden Statistiken über sie erstellt und immer wird über sie gesprochen, statt auf die Idee zu kommen einmal auch mit ihnen zu sprechen. Die Personen die dann versuchen mit ihnen zu sprechen, sind Personen zu denen sie keinerlei Zugang haben. Ist sowas zielführend?

So sind Kinder und Jugendliche mit „Migrationshintergrund“ immer getrimmt einen Schritt voraus zu sein um sich in der Gesellschaft zu beweisen und zu behaupten.
Wenn wir den Förderwahn der Eltern schon so kritisieren, wie sehr ist dann so eine Art zu Leben zu kritisieren? Tut das einem jungen Menschen wirklich gut?

Aber abgesehen davon ob man das gut finden soll oder nicht – was macht das mit einem Menschen?
Um sich immer behaupten und beweisen zu können, muss man sehr ehrgeizig sein, über viel Disziplin verfügen und Vertrauen in sich selbst haben. Sind dies nicht Aspekte die bemerkenswert für Menschen in so jungem Alter sind?

Ein Teil der Top-Themen in Bezug auf Migration ist die Sprache.
Mehrsprachigkeit war und ist noch immer ein hoch angesehenes Gut in der Gesellschaft. Stellen wir uns vor: wenn ein Mensch zu uns kommt und meint er/sie spricht 5 Sprachen, sind wir dann nicht beeindruckt? Welch’ ein intelligenter und kultivierter Mensch, denken wir uns.
Doch wenn es Türkisch, Arabisch, oder ähnliches ist, ist es ein Zeichen von misslungener Integration. (?) So wird deutlich, dass einige Sprachen für Fortschritt und andere für Rückschritt stehen. Doch ist Sprache nicht gleich Sprache? Ist nicht jede Sprache gleichwertig?

Ist Sprache nicht etwas, dass die Welt verbindet und eint? Ist sie nicht ein Gut, das Welten bewegen kann?
So sollten wir Sprache als wertvoll und als wichtiges Gut ansehen und das so auch (in unserer Arbeit und unseren Alltag) kommunizieren.
Kinder und Jugendliche sollten nicht als minder angesehen werden, weil sie Zuhause eine andere Sprache sprechen oder gar Ablehnung erfahren.
Im Gegenteil, sie sollten wissen, dass das eine Ressource ist, die sie auch für die Gesellschaft nutzen können. Schließlich soll laut SGB 8 jedes Kind zu einem gesellschaftlich-sozialen Wesen herangezogen werden.

Stellen wir uns einen Selbstfindungsprozess vor, die Identitätsbildung eines jungen „Migranten“.
Als Migrant in einer deutschen Gesellschaft – zu welcher Seite gehört man?
Die Frage ist eine sehr zentrale Frage bei Kindern und Jugendlichen mit Mh.. Aber die entscheidende Frage die sich stellt: wieso muss man sich zwischen den Stühlen entscheiden?

Es gibt 3 Varianten die man hier anwenden könnte:
1. Man entscheidet sich für einen Stuhl der beiden: das führt entweder zu Assimilation oder zu „misslungenen Integration“.
2. Man entscheidet sich für keinen der beiden Stühle. Also steht man zwischen den Stühlen. Zwischen den Stühlen stehen bedeutet oft zu keiner Seite gehören. Ist dies förderlich für eine Identitätsbildung in solch „kritischen Lebensjahren“?
3. Man entscheidet sich für beide Stühle.

Variante 3 ist eines der Varianten die oft von der Gesellschaft als nicht-möglich betitelt werden. Doch frage ich nun, wieso sollte dies nicht möglich sein? Wieso muss man entweder das Eine oder das Andere sein? Wieso kann man sich nicht beiden Seiten zugehörig fühlen, zwei Stühle zu einem umbauen und seinen eigenen Identitäts-Stuhl entworfen haben?
Wieso kann man nicht zum Beispiel sagen: ich bin hier geboren und aufgewachsen. Ich sehe und definiere mich als Deutsche/r. Die Herkunft meiner Eltern sehe ich als Bereicherung und wertvolles Gut an, dass ich nicht ablegen möchte.

So sollten wir beginnen „Migration“ nicht nur immer mit negativen Dingen zu verbinden sondern mit all ihren Teilen (Sprache, Kultur, Geschichte…) als Bereicherung und Ressource wahr- und anzunehmen.

(Erklärung: Dieser Text ist ein Ausschnitt einer Präsentation die ich im Rahmen meines Studiums angehalten habe. Deshalb ist er vielleicht etwas unstrukturiert, da einige Teile aus dem Kontext gerissen sind. Ich habe versucht ihn so gut wie möglich zu ergänzen, damit man versteht, worauf ich hinaus möchte.
Dennoch wollte ich es hier teilen, da ich Dinge angesprochen habe, die mir persönlich sehr am Herzen liegen.)