Wenn Flüchtlinge böse werden liegt es an ihrer Religionszugehörigkeit.

Ich lese immer mehr Artikel darüber, dass man gedenkt Flüchtlinge in unterschiedlichen Heimen unterzubringen. Es gibt ein Kriterium für das Trennen der Menschen: die Religionszugehörigkeit. Christliche und muslimische Flüchtlinge sollen in  getrennten Heimen untergebracht werden. Dies sei aus Sicherheitsgründen so angedacht. 

Es ist fast schon lustig, dass die Krisen in den Flüchtlingsheimen jetzt mit der Religionszugehörigkeit der Geflüchteten begründet wird.

Muslime und Christen trennen heißt die Lösung für Probleme in Heimen, die meiner Meinung nach nur minimal mit der Religion zutun haben, wenn überhaupt! 

Ich frage mich wie es mir in den Heimen gehen würde. Dort sind zum Teil hunderte Menschen eingeengt in (z.T.) heruntergekommenen Gebäudekomplexen – alle auf einem Haufen. Alle haben Krieg, Armut und Verfolgung hinter sich gelassen. Ich glaube da wäre ich auch ein bisschen ausfallender, wenn ich so eine Flucht und so ein Leben hinter mir haben würde.
Und das nicht weil ich Muslima oder Christin bin, sondern weil ich traumatisiert bin, keine Perspektive mehr im Leben sehe, mein ganzes Leben verlassen musste mit wahrscheinlich nur einem Rucksack auf dem Rücken, die Umstände in denen ich nun hier lebe (z.T.) unter aller Würde sind, meine Kinder vielleicht traurig und mutlos sind, vielleicht auch körperlich  krank, denn psychische Schäden tragen alle davon. Und vielleicht, ja vielleicht weil ich Angst habe? Existenzangst? Identitätsangst? Angst!
Das Fremde macht ja bekanntlich immer Angst – das wissen wir Deutschen am Besten.
Krisen immer und immer wieder mit religiösen Unverständlichkeiten zu begründen, wie es die Medien in den letzen Tagen leider wieder tun, ist wie Bomben in Kriegsgebiete liefern. Sind wir Deutschen übrigens auch toll darin.

Statt jedes Problem aus der „Religionen, besonders der Islam sind Quelle allen Übels“ – Brille zu sehen, sollte man schauen was die Politik, die eigentlich für die Flüchtlinge die sie aufnehmen verantwortlich sind, tun können. 

Es liegt an ihnen, den Flüchtlingen Unterkünfte bereit zu stellen, die nicht gleich einer Ratten-Zelle sind. Wie soll bitte Frieden herrschen, wenn eine 5-köpfige Familie in einem Zimmer leben soll? Außerdem müsste man den Erwachsenen, vor allem den Männern etwas zu TUN geben! Sie müssen etwas haben, mit dem sie sich beschäftigen können. Arbeit in welcher Form auch immer mit evtl. einer kleiner Entlohnung, damit sie sich wieder fühlen, als würden sie etwas Gutes für ihre Familie tun. Die Frauen in ihrer Sprache unterstützen und die Kinder auch, das wäre das Nächste. Zudem den Kindern außer den ehrenamtlichen Helfern, die meist noch sehr jung sind professionelle psychologische BetreuerInnen zur Seite stellen, die mit ihnen sinnvolle Zeit verbringen, in dem sie evtl. durch Kunst oder Sport das Trauma, das sie hinter sich gelassen haben verarbeiten können. 

All das wäre mini Lösungsvorschläge, die meiner Meinung nach viel viel mehr bringen würden, als nach Religion zu trennen. Diese Menschen haben nichts mehr. Und so fühlen sie sich auch – wie Nichts. Man muss daran arbeiten, ihnen wieder einen Wert zuzumessen und diese in ihrer Entwicklung im neuen Land zu unterstützen. Man muss ihnen zeigen, dass sie auch hier eine Bedeutung haben und Mensch sind – nicht nur „Flüchtlinge“! 

Wenn man seine Texte in Hass-Foren entdeckt.

Es ist Nacht und in dieser Nacht, so wie in vielen anderen auch, scheint es mir nicht vergönnt zu sein Schlaf zu bekommen.  Also treibe ich mich hier und da im Netz rum, lese dies und das und als ich auf meine Blog Statistiken komme, in denen unter anderem auch immer angezeigt wird von welcher Verlinkung die Personen auf meinen Blog kommen fällt mir eins auf. Ich klicke drauf. 

Ich lande auf einem Forum(von dem ich noch nicht ganz verstanden habe zu wem oder was es gehört) das „leicht islamkritisch“ angehaucht zu sein scheint. Und schnell erkenne ich, wieso mein Blog dort verlinkt wurde – um einige Artikel von mir auseinander zu nehmen. 

Die Personen in dem Forum machen sich „Sorgen“. Sie machen sich Sorgen um Deutschland, ihre Kinder, die Freiheit, die Religionszugehörigkeit und vor allem machen sie sich Sorgen wegen dem neuen „Kopftuchurteil“ über das ich geschrieben hatte. 

Ich bin erschrocken, geschockt, ja, ich bin entsetzt was alles geschrieben wird! Und meine Texte, mit denen ich versuche meinen Mitmenschen einen Einblick in die (Gefühls-)Welt einer Muslima zu verschaffen, mit denen ich versuche klar zu stellen, dass ich frei bin und mein Kopftuch liebe-  ja meine Texte – mitten in dieser Brut von Hass. 

Einer schreibt: „Ich kenne Muslimas und alle die das Kopftuch abgelegt haben, haben es getan um freier zu sein. Die schwachen tragen es immer noch.“ 

Die Schwachen tragen es noch? Jeden Morgen seit 13 Jahren stehe ich auf und setzte mir das Stück Tuch auf den Kopf, für das ich mich aus freien Stücken entschieden habe. Seit der Minute in der ich begonnen habe es zu tragen werde ich beleidigt, beschimpft,  werde zu Sozial Arbeitern zitiert, ich werde nieder gemacht ich werde schräg angeschaut. Mein Kopftuch macht mich wohl zu eines der stärksten und durchhaltefähigsten Frauen überhaupt! Mit den ganzen anderen musl. Frauen, die eines tragen. Wenn man jeden Tag damit rechnen muss etwas Negatives zu erfahren, wegen einer Sache zu der man sich freiwillig entschieden hat – wie kann man solch‘ eine Person dann als schwach und eine andere als stark betiteln? Es ist wahre Stärke sich Tag für Tag damit auseinander zu setzten als davor wegzulaufen! 

Weiter schreibt eine: „ich frage mich, wie frei kann eine Frau sein, der von Kindheit an möglicherweise beigebracht wurde, dass sie ein Kopftuch tragen muss. Ein Kind möchte seinen Eltern gefallen. Es hat doch oftmals gar nicht die Wahl gehabt frei zu entscheiden.“

Ich erinnere mich wie ich 8 Jahre alt war und unbedingt das Kopftuch aufsetzten wollte – was ich dann auch getan habe. Als mein Vater mich am Abend dann mit dem Tuch sah rief er mich zu sich. Er sagte mir: „Weißt du wieso eine Frau im Islam das Tuch tragen soll und sich islamgerecht kleiden soll? Kannst du mir sagen, wieso du dieses Tuch trägst – theologisch und menschlich begründet?“ Ich verneinte. Ich was 8 Jahre. Ich wollte es einfach nur tragen! Auf meine Verneinung hin sagte er: „Dann bitte ich dich es abzusetzen. Du kannst es tragen wenn du das verinnerlicht hast was dich dazu bringt das Tuch zu tragen.“ Ich denke, eine weitere Antwort auf solch‘ einen unüberlegten Kommentar brauche ich nicht mehr zu geben. Mit 10 Jahren habe ich dann das Kopftuch aufgesetzt. Geheim vor meinen Eltern, als sie verreisen mussten und ich bei meiner Familie blieb. Ich wollte meinen Eltern nicht gefallen – ich wollte das tun, was ich für richtig halte. Wie man sieht wurden wir dazu erzogen zu verstehen was wir tun und dann zu handeln und nicht, blind zu folgen! Niemand würde meine Eltern dafür rügen, mir damals nicht meinen Willen gelassen zu haben. Aber jeder nimmt sich das Recht heraus, meine Eltern  dafür zu verurteilen, dass ich ein Kopftuch trage? Wie paradox! 

Aber das war noch nicht alles – weiter schreibt einer zum Urteil: „Vor dem Hintergrund des Urteils des BVerfG wird es Generationen
von jungen Mädchen und Frauen mit muslimischen Wurzeln in der
Zukunft noch schwerer fallen sich aus dem Klammergriff von
religiösem Dogma und archaischer Tradition zu lösen um ein
selbstbestimmtes und unbeschwertes Leben in Freiheit führen zu
können. Das Urteil stützt die Partikularinteressen der Islamverbände
und behindert die Möglichkeiten zwischenmenschlicher Begegnung,
vielleicht auch Liebe von „Hans“ und „Ayshe“. So kann Integration
nicht gelingen, ein Urteil mit unabsehbaren Folgen und ein eklatanter
Widerspruch zu moderner Frauenpolitik und Gender Studies.“

Ein selbstbestimmtes und unbeschwertes  Leben können muslimische Menschen nur dann führen, wenn die Gesellschaft sie als Solche akzeptiert und ihnen nicht die Wege versperrt. Das Urteil von März 2015 war ein wichtiger Schritt dahin. Muslimische Frauen sind so frei und so reflektiert (auch durch das, was sie erleben), dass sie sehr wohl in der Lage sind, sich von „Klammergriffen“ zu „befreien“ wenn sie es denn möchten. Das Urteil bietet gebildeten muslimschen Frauen nur eine Möglichkeit frei ihrer Arbeit nachzugehen!

Seit Tagen geht mir ein Kommentar einer Kommilitonen durch den Kopf und ich schaffte es einfach nicht darüber zu schreiben. Sie sagte: „Mein Mitbewohner hat mich gefragt, wie du so reflektiert, frei und so ein denkender Mensch sein kannst obwohl du Muslima bist und dich so einschränken lässt, wie z.B. mit dem Kopftuch.“

Ich bin ein freier, denkender und reflektierter Mensch, eben WEIL ich Muslima bin. Wenn seit der Kindheit immer alle Blicke auf einen gerichtet sind, man jede Handlung doppelt abwägen muss, weil es immer auf die Religionszugehörigkeit oder die Herkunft der Eltern geschoben wird, fängt man sehr früh an zu reflektieren. Dann sucht man Vorbilder die es auch geschafft haben, so großem Druck und oft auch Diskriminierung standzuhalten. Ich bin damals auf die weiblichen Sahaba (Gefährtinnen des Propheten saw. in seiner Angelegenheit) gestoßen, die mir Mut machten, mich zur Bildung und Aktivität inspirierten. Primär hat mich der Koran das selbstbestimmte Leben gelehrt in dem er sagt: „Es gibt keinen Zwang im Glauben“ (2:256) Weiter haben mich die Sahaba das kritische Denken und das Hinterfragen gelehrt. Sie haben sich nicht gescheut bei Unklarheiten den Propheten saw. zu fragen. 

Ich nehme an, es macht einen Unterschied ob man als Kind/Jugendlicher starke, mutige und bedeutsame Personen als Vorbilder hat oder Teenie-Stars die einem nicht viel geben können.

Ich finde muslimische Frauen sollten sich nicht rechtfertigen müssen, wieso sie ein Tuch tragen, sich für eine Religion entscheiden oder ähnliches. Niemand (!), kein Mensch der Welt sollte sich für eine Identität rechtfertigen müssen, für die er sich frei gewählt hat. Und niemand sollte sich das Recht nehmen zu denken, er kenne einen Menschen oder eine Gruppe von Menschen besser als sie sich selbst. 

Danke, ich muss nicht befreit werden. Meine Seele ist bunt, mein Herz ist hell und mein Kopf ist klar! Ich empfehle  diesen Menschen, ihre Seele mit einer anderen Farbe zu bemalen als mit einer, ihr Herz für andere zu öffnen und ihren Kopf von Schrott frei zu schaufeln!