Das erste und höchste Gut.

Es ist dunkel – ich stehe angestrengt da damit ich nicht schwach werde und winke. Das Autolicht meines  Vaters blendet mir die Augen. Ich sehe meine Mutter noch winken, dann schon sind sie um die Ecke gefahren.

Noch immer stehe ich da  weil ich mich  nicht bewegen kann. Plötzlich spüre ich die Nässe auf meinem Gesicht – scheint, als hätte ich sie mehr vermisst als ich dachte. Und ich dachte, dass ich sie sehr vermisst hatte. Der Grund wieso ich meine Familie so lange nicht mehr gesehen habe sind meine Prüfungen in der Uni.

Nun – ich drehe mich um, laufe zur Haustür und weine so vor mich hin. Eine asiatische Wohnheimmitbewohnerin schaut mich an und beginnt ein Gepräch:

-Deine Freunde?
+Nein, meine Eltern.

Ihr Gesicht wird weich und sie lächelt.. mit etwas Schmerz in den Augen.

-Wie lange hast du sie davor nicht gesehen? Leben sie in einem anderen Land?
+Etwa 4,5 Wochen… nein, in Deutschland. Nicht sehr weit weg. Doch kam ich zeitlich nicht dazu, zu ihnen zu fahren.
-Sei dankbar, dass deine Eltern hier in dem Land sind in dem du lebst. Ich sehe meine Eltern wenn es gut läuft einmal im Jahr. Sie wohnen in China und ich bin zum Studieren hier.

Wir unterhalten uns noch ein wenig und mir geht der Gedanke nicht aus dem Kopf, dass ich das niemals schaffen würde.

Die Wärme und Zuneigung meine Mutter, die Liebe meiner besten Freundin, der Halt den mir meine Brüder geben und das Verständnis meiner Schwester – das sind Dinge, ohne die ich nicht könnte. Ich könnte nie die sein die ich bin, und die werden die ich werden möchte, wenn ich nicht wüsste, dass ich Säulen habe die für mich stehen.

Und ich denke an die Aussage des Propheten Muhammad saw. „Das Paradies liegt unter den Füßen der Mutter.“, und wie oft er betonte, wie wichtig die Familie ist, dass sie an oberster Stelle steht. Anas Ibn Malik berichtete, dass er den Propheten saw. folgendes sagen hörte: „Wer Freude daran hat, dass (Allahs) Gabe an ihn reichlich wird, und dass er länger lebt, der soll seine Bindung zur Verwandtschaft pflegen.“ Bukhari, Nr.5986.

Das sind nur wenige Beispiele die betonen, wie wichtig die Familie und die Verwandten sind!

Ich frage mich wie viel man bereit sein sollte zu opfern – für Bildung, für Karriere, für das jetzige Leben, und mit welchen Kriterien wir unser Leben zeichnen. Sind wir uns immer im Klaren darüber, was uns wichtig ist und von was wir denken, dass es uns wichtig ist?

Ich erinnere mich an eine Freundin die ich in der Bahn traf und die mir dann erzählte, dass sie ihren Master abgebrochen habe. Auf die Frage warum antwortete sie: „Ich bin den ganzen Tag in der Uni, Esim. Den kompletten Tag und am Abend bin ich zu müde um meinen Eltern ihr Recht zu geben. Ich werde nicht glücklich sein, wenn ich nicht genug Zeit mit meiner Familie habe.“

Und wie alles im Leben und wie alles im Glauben denke ich, dass es auf das richtige Maß ankommt. Die richtige Dosierung. Wenn man eine Krankheit hat wird man nicht gesund wenn man die Medikamente nicht ein nimmt. Doch kann eine Überdosierung Nebenwirkungen hervor rufen.

Nichtsdestotrotz sollten wir uns immer über eines klar sein: Die Familie ist das erste und höchste Gut welches wir von Gott bekommen haben. Und nachdem wir das Recht an uns selbst erfüllt haben, sind die Rechte der Familie dran. Mit diesem Bewusstsein sollten wir unsere Entscheidungen treffen, unsere Für und Wider – Listen führen, unser Leben leben.

7 Säulen! Ich habe 7 Säulen die mich stützen! 8 Säulen. Wir sind 8 Säulen. Sag mir – wer könnte uns stürzen?