Wir können nirgendwo ganz wir sein.

Wer ist sichtbar und wer wird unsichtbar gemacht?

Nach welchen Kriterien suchen wir die Menschen aus, dir wir durch unsere Ressourcen und Mitteln fördern und denen wir eine Bühne geben (möchten)?

Was bedeutet es, in marginalisierten Gruppen solidarisch zu sein?

Was bedeutet es, Ressourcen zu teilen?

„Ich kann dieses Spiel halt nicht mitspielen, lächeln, hihi da hihi hier, und dann zuhause sitzen und genau wissen, dass dich die Menschen nur so viel haben möchten, wie es ihnen was bringt.“, schreibe ich einer Freundin.

Und was ist die Alternative: Texte, die in den Schubladen verstauben, Fotografien, die nie gesehen werden, Gedanken die nie gehört und 15 Jahre Mädchen*arbeit die nicht geschätzt wird.

Ich erinnere mich an Fragmente aus meiner Kindheit. Familien die miteinander konkurrierten. Welches Auto? Welche Wohnung? Welche Ausbildung für die Kinder?

Dann haben die Kinder ebenso begonnen, miteinander zu konkurrieren.

Welche Ausbildung? Welche Partner:in? Welches Haus? Welches Gehalt? Welche Schuhe?

Sie redeten viel übereinander. Und ich hatte immer das Gefühl, dass ich mit all dem nichts anfangen konnte – also schwieg ich. Sehr oft.

„Was wohl in dem Kopf dieses Mädchens ständig vor sich geht, so dass sie stundenlang still vor sich hinblickt und kein Wort sagt.“, fragte mein Lieblingsonkel mal meine Tante. „Esim ist immer so, ich glaube wir wollen gar nicht wissen, was da alles vor sich geht.“, antwortete sie.

Stille Menschen hören und sehen sehr viel. Dinge, die andere überhören oder übersehen. Dinge die andere nicht einmal wahrnehmen, nahm ich wahr, verarbeitete es für Tage und zog mir eine Lehre daraus. Meine Stille hat mich erzogen.

Am schlimmsten fand ich es aber, wenn all diese Menschen, die viel übereinander sagten, und dass auch genau wussten, dann zusammenkamen. Sie lächelten, sagten wie großartig sie sich gegenseitig fanden, und unternahmen gemeinsam Dinge.

Und ich war dabei, schwebte um diese ganze Struktur herum und hörte, sah und nahm wahr.

Ich hatte mir versprochen, nie so zu werden. Egal, ob das bedeutete, dass ich eben nicht dazu gehöre. Nicht gesehen und nicht wahrgenommen werde. Ich dachte, ich würde Menschen finden, die Denken und Fühlen wie ich.

Diese Menschen fand ich, sie wurden aber mit der Zeit immer weniger. Denn der gemeinsame Kampf um Ressourcen, Mittel und eine gemeinsame Bühne wandelte sich um in einen Kamp um die Ressourcen, Mittel und Bühnen selbst. Und das gleiche Spiel begann erneut.

Es scheint mir, dass mit den Errungenschaften, die gemeinsamen Werte, das gemeinsame Denken und Fühlen verloren geht. Dass es dann darum geht, die Bühne zu haben, und nicht zu teilen. Was bedeutet es, wenn wir die Muster und Mechanismen von jenen annehmen, die wir all die Jahre kritisiert haben. Und diese Mechanismen dann gegen unsere „eigenen“ Leute wenden.

Eine Hierarchie in der Hierarchie in der Hierarchie. Ein Unsichtbargemachtwerden im Unsichbargemachtwerden im Unsichtbargemachtwerden.

Und dann denke ich an die Worte einer Bekannten, die meinen Rat für eine Diskussionsrunde suchte: wir sind Menschen, die überall die „anderen“ sind. Wir können nirgendwo ganz wir sein.

Kunstinstallation „29 signs of patriarchy“

Fotos: MINITTA PHOTOGRAPHY
Foto: MINITTA PHOTOGRAPHY

Ausstellungsort: Akademie der Bildenden Künste Wien 10.10.2022 – 16.10.2022 im Rahmen der M*C 2022.

Die Installation setzt sich aus 29 Materialien, Objekten und Stoffen zusammen. Diese Materialien und Objekte symbolisieren in diesem Sinne das Patriarchat und dessen Wirkung, Stärkung und Erhaltung.

Die Zahl 29 verweist auf die Femizide im Jahr 2021 in Österreich.

Die Installation wird mit einer literarischen Arbeit begleitet, in der Objekte thematisiert werden, die von diversen Frauen* als Zeichen des Patriarchat genannt wurden.

Schwester, der Eingang für die Frauen ist durch den Keller.

Ich war vor kurzem mit Freunden in New York. Wir haben uns schon zu Beginn vorgenommen, an dem Freitag das Freitagsgebet, das MuslimInnen am Freitag beten in einer Moschee in New York zu verbringen. Ich habe auf dem Weg zur Moschee zu den Freunden und meinem Partner gesagt: „wetten wir, wenn wir dort ankommen, werden wir Frauen wieder in einem anderen Raum geschickt und wenn wir Glück haben  können wir die Predigt durch einen TV verfolgen.“ Alle drei antworteten mir, dass sie denken, dass das auf keinen Fall vorkommen wird, da die amerikanische Community viel weiter sei als wir.

Aber genau das passierte – wir kamen an, ein Mann, der absolut lieb und herzlich war, wies uns daraufhin, dass wir bitte durch dein kleinen Laden um die Ecke in den Frauenbereich sollen. Das taten wir. Wir hatten keinen Glück – es war ein Mini-Bildschirm.

Die Gemeinschaft war toll – die Menschen herzlich. Absolute Diversität, Herzlichkeit, aber dennoch: da fliegt man ans andere Ende der Welt, uns sieht sich mit den selben Grundproblemen konfontiert wie in Österreich, in Deutschland und in der Türkei?

Für mich spiegelt die Moschee immer die gesellschaftliche Situation wider. Und dort, wo die Frauen in der Moschee verortet werden, werden sie auch im gesellschaftlichen Rahmen verortet, dort wo die Männer verortet werden in der Moschee, werden sie in der Gesellschaft verortet und dort wo die Kinder in der Moschee verortet werden, dort werden sie in der Gesellschaf tund in den gesellschaftlichen Vorstellungen und Normen verortet.

Die Frau hat in der Moschee nicht einmal 1/3 des Raumes, das die Männer haben. Sie haben nicht die selben Ressourcen, die den Männern geboten werden, um das machen zu können, wo sie ihre Interessen verorten. Männer haben meistens eine Kinderfreie-Zone, denn die Kinder sind bei den Müttern. Die Männer haben ihre Ruhe, sie können sich auf ihre Pflichten und ihre Ruhe konzentrieren. Dabei haben sie genug Ressourcen und genug Raum. Der Prediger geht auf ihre Fragen ein, nimmt sie an – sie können aktiv partizipieren.

Lasst uns das auf die Gesellschaft umstülpen:

Frauen, bekommen keinen Raum um sich zu entfalten. Zusätzlich dazu, dass sie keinen Raum haben, haben sie begrenzte bis keine Ressourcen um sich in dem verwirklichen zu können, was sie möchten. Sie sind entweder motiviert genug um zu improvisieren und sich die Ressourcen selbst zu beschaffen, oder sie gehen im Nichts unter. Außerdem haben Frauen nie ihre Ruhe – das Kind wird nach dem klassischen Rollenbild der Frau zugeschoben. Als wäre der Raum nicht schon eng genug, muss sie Frau in dem begrenzten Raum mit begrenzten Ressourcen nicht nur auf sich schauen, sondern hat auch die absolute Verantwortung für ein Lebewesen, das auf sie angewiesen ist.

Sie hat keine Möglichkeit ihre Pflicht in Ruhe zu erfüllen, geschweige denn davon Ruhe für sich selbst zu genießen, sich selbst zu verwirklichen und unabhängig ihrer Rolle als Mutter/Ehefrau/Tochter/Schwester zu existieren. Außerdem hat die Frau keine Möglichkeit aktiv zu partizipieren – sie hat gar keinen Zugang zu den Menschen und Möglichkeiten, die ihr dabei helfen können, die ihr helfen können. Sie kann nur still auf ein kleinen Bildschirm starren und hoffen, dass das Mikro heute funktioniert.

Malcolm X sagte einst etwa, dass man, wenn man sehen möchte in welcher Lage eine Gesellschaft ist schauen muss, in welcher Lage die Frauen dieser Gesellschaft sind.

Und ich komme nicht umhin, mir Gedanken und Sorgen darüber zu machen, in welcher Lage die Frauen in der muslimischen Gesellschaft ist, wenn es in Mini-Österreich genauso schlimm ist wie in einer Moschee in New York City!

Wir müssen beginnen, unsere Lehren in unsere Räume zu tragen, damit sie in den Verstand und dann in das Herz der Menschen fließen – um eine Gesellschaft der Gerechtigkeit zu schaffen!

Wir haben mit der Geschichte Marias das größte Beispiel hierfür. Ihre Geschichte zeigt uns, dass Gott schon lange lange vor uns ein Kampf gegen das Patriarchat geführt hat und das nicht gut heißt, was Männer zum Teil in seinem Namen treiben. Er drängte darauf, dass eine Frau einen Platz im Tempel, in der Moschee und damit in der Gesellschaft bekommt – das war Marias Kampf! Der Kampf gegen das Patriarchat und die Annahme der Männer, dass Frauen dort, also auch in der Gesellschaft keinen Platz haben.

Und Gottes Kampf sollte auch immer unser Kampf sein!

Wir haben ein Männer-Problem!

Ich stehe an der Haltestelle nach dem ich meine warme türkische Suppe getrunken habe, und warte auf meine Bahn Richtung Heim. 

Da steht plötzlich ein Mann vor mir, viel größer und breiter als ich – starrt mich an, als würde er mir den Hals umdrehen wollen, lässt eine kurze Beleidigung fallen, rempelt mich an und läuft weg. 

Naja, denke ich mir – scheiße ist es, aber ich habe schon schlimmeres erlebt. Rege mich kurz darüber auf, und da ist auch schon meine Bahn. 

Ich setze mich an einen Einzelplatz am Fenster, bin in mein Handy vertieft bis ein Blick mich sticht. Er steht schräg gegenüber von mir. Ca 2 Meter weg und schaut mich auf eine so widerliche, ekelhafte und fast schon sabbernde Art an. Kurz davor habe ich mich in der Reflexion des Fensters angeschaut und dachte mir, wie schlimm ich denn heute aussehe. An mir kann es also nicht liegen. 

Ich werfe ihm einen „bösen“ Blick zu, aber das juckt ihn nicht weiter. Er lächelt und starrt weiter. Wirklich, ich meine es ernst – es war Ekel erregend dieses Starren! Das macht er die ganze Fahrt über. Ich schaue nur noch in mein Handy und versuche ihn zu ignorieren. Beim Aussteigen muss ich leider an ihm vorbei laufen, und wer hätte das gedacht: da ist er, der widerliche und extrem sinnfreie Anmachspruch begleitet von einem Tier ähnlichen Grinsen! 

Ich steige aus, schüttel den Ekel von mir ab und will mir Wasser kaufen gehen. An der Kasse hinter einem Mann angestellt, der sich laut mit der Kassiererin unterhält: ‚die Frau hat 7 Kinder, können sie das fassen, 7! Wie kann man heute in dieser Zeit noch 7 Kinder auf die Welt bringen. ich finde, was zur Zeit los ist in unserer Welt ist kaum zu ertragen!‘

Ich bezahle und das Fass ist voll! 

Was denken sich Männer eigentlich?! Was denken sich Rechte Männer, eine Frau zu beleidigen, nur weil sie offensichtlich einer Religion angehört? 

Was denken sich Männer, Frauen anstarren zu dürfen, zu können, ihnen Sprüche hinterher zu rufen, in der Öffentlichkeit oder auch nicht! 

Was erlauben sich Männer Frauen wegen der Anzahl ihrer Kinder verurteilen zu können! Sie hat das Kind 9 Monate im Bauch getragen, sie hat das Kind unter Todesschmerzen auf die Welt gebracht, sie kümmert sich sicher rund um die Uhr um die Kinder – nicht der Mann. Schließlich braucht es nicht viel um biologischer Vater zu werfen! Um Mutter zu werden aber schon! 

Welches Bild haben diese Männer von der Frau? Welches Bild vom Mann? Der Mann als derjenige, der über die Frau urteilen darf – egal aus welchen Motiven heraus? Der, der die Frau gerne als die Unterlegene, geile Person sehen würde, der der einem immer geilen und bereiten Tier ähnelt, der der seinen Genitalbereich nicht unter Kontrolle halten kann? Geschweige denn seine Gedanken?

Welch eine Erziehung haben dies Menschen genossen – gar keine?! Was bilden sie sich ein! Wie respektlos, zurück geblieben und ekelhaft kann man eigentlich sein? 

Ich finde es unmöglich was Männer sich raus nehmen! Unmöglich! Und das ist nicht das Problem der Frauen! Jede/r der meint, es sei die Schuld der Frau wenn Männer sie schlecht behandeln, über sie urteilen oder sie dumm anmachen hat wirklich keine Ahnung von sich selbst und solch Menschen ist das Wort Selbstreflexion sicher auch ein Fremdes! 

Sorry Leute, aber wir haben ein ernstes Männer-Problem das weit über die Grenzen von Religion, Nationalität oder Herkunft geht! 

#kölnhbf – missbraucht nicht den Feminismus!

Die meisten Männer die seit Tagen wegen den Vorfällen während der Silvesternacht in Köln über Frauenrechte ihre Mäuler zerreißen, haben gestern beim Männerstammtisch noch einen Blondinenwitz mit Küchen-Thematik gebracht, während die Frauen sie brav bedient haben.

Die Heuchelei, aber vor allem die Generalisierung und Hetze, die hauptsächlich auf dem Rücken muslimischer Männer bzw. den zwischenmenschlichen Beziehungen muslimischer Menschen ausgetragen wird ist kaum zu ertragen!
Als sei die Kriminalität gegen Frauen vorher nie existent gewesen bis „nordafrikanische Männer, mit muslimischen Hintergrund“ Frauen in Köln angegriffen haben.

Als ob das nicht genügen würde versammeln sich nun Gruppen, die für ihre besonders ausgeprägte rechte Seite im inneren ihrer Seele bekannt sind und demonstrieren für Frauenrechte und Gewalt gegen Frauen? Wollt ihr mich eigentlich auf den Arm nehmen?!

Sogenannte KünsterInnen stellen sich splitterfasernackt auf die Straße um ein Zeichen für die Gleichberechtigung und den Schutz für Frauen zu setzen? Bedeutet denn nur Nacktheit Freiheit für Frauen? Spricht diese Art der Kunst wirklich für alle Frauen?

Ich kenne viele Frauen, auch viele muslimische Frauen die sich seit Jahren als Feministinnen bezeichnen und das, was sie darunter verstehen in ihrem Alltag ausleben. Sie setzen sich in den verschiedensten Netzwerken dafür ein! Sie versuchen der Frau eine Stimme zu geben, egal, ob muslimisch oder nicht! Auch andere Frauen und Vereine, die sich schon immer gegen Gewalt an Frauen und für Frauenrechte eingesetzt haben wurden bis heute kaum gehört!

Man möchte sich ja freuen, als eine Frau, die seit ihrer Kindheit schon ein besonders ausgeprägtes Frauenbild hat, dieses auslebt und immer verteidigte, wenn die Gesellschaft nun endlich – verdammt – endlich! der Stimme der Frau Gehör schenken möchte – aber so? So?!

Möchten wir nun auch dieses so wichtige Thema verseuchen und vergiften, den eigentlichen Schwerpunkt vernachlässigen, unsere eigenen Fehler oder Herausforderungen, und unsere Baustellen verdecken, sie nicht beachten, sie als nie geschehen darstellen, in dem wir auch so ein extrem wichtiges und leider im 21. Jahrhundert mitten in Europa noch kaum gehörtes Thema zu einer „Ausländer/Migranten/Flüchtlingsdebatte machen? Sie missbrauchen für unsere eigenen kapitalistischen, politischen und ungerechten Zwecke?!

Tut mir leid aber, nicht mit mir!

Seit eh und je kenne ich Menschen die ihr Leben dafür nutzen und teils aufopfern Frauen eine Stimme zu geben und die Herausforderungen unseres Landes und unserer Gesellschaft, wie oben schon erwähnt, in den Vordergrund, gar in die Mitte unserer Lebenswelt zu bringen – all das mit geringem Erfolg, denn niemand wollte sie hören! Wieso denn auch, wenn die Industrie und die Politik mit dem Frauenbild das wir heute vertreten bestens funktioniert?

Ich spreche mich absolut dagegen aus, dass so ein wichtiges und wertvolles Thema missbraucht wird für widerliche und eigennützige Zwecke! Ich bete und kämpfe für eine ehrlichere, authentische und nachhaltigere Debatte wenn es um Frauenrechte etc. geht!

Ich, als eine Frau, der das Thema schon immer in mitten ihres Herzes lag bin verletzt darüber, dass so eine schöne und wichtige Thematik leider nur, wie viele anderen Thematiken auch, in die missbrauchenden und unehrlichen Hände von unehrlichen und unguten Menschen gefallen ist.

Wenn man seine Texte in Hass-Foren entdeckt.

Es ist Nacht und in dieser Nacht, so wie in vielen anderen auch, scheint es mir nicht vergönnt zu sein Schlaf zu bekommen.  Also treibe ich mich hier und da im Netz rum, lese dies und das und als ich auf meine Blog Statistiken komme, in denen unter anderem auch immer angezeigt wird von welcher Verlinkung die Personen auf meinen Blog kommen fällt mir eins auf. Ich klicke drauf. 

Ich lande auf einem Forum(von dem ich noch nicht ganz verstanden habe zu wem oder was es gehört) das „leicht islamkritisch“ angehaucht zu sein scheint. Und schnell erkenne ich, wieso mein Blog dort verlinkt wurde – um einige Artikel von mir auseinander zu nehmen. 

Die Personen in dem Forum machen sich „Sorgen“. Sie machen sich Sorgen um Deutschland, ihre Kinder, die Freiheit, die Religionszugehörigkeit und vor allem machen sie sich Sorgen wegen dem neuen „Kopftuchurteil“ über das ich geschrieben hatte. 

Ich bin erschrocken, geschockt, ja, ich bin entsetzt was alles geschrieben wird! Und meine Texte, mit denen ich versuche meinen Mitmenschen einen Einblick in die (Gefühls-)Welt einer Muslima zu verschaffen, mit denen ich versuche klar zu stellen, dass ich frei bin und mein Kopftuch liebe-  ja meine Texte – mitten in dieser Brut von Hass. 

Einer schreibt: „Ich kenne Muslimas und alle die das Kopftuch abgelegt haben, haben es getan um freier zu sein. Die schwachen tragen es immer noch.“ 

Die Schwachen tragen es noch? Jeden Morgen seit 13 Jahren stehe ich auf und setzte mir das Stück Tuch auf den Kopf, für das ich mich aus freien Stücken entschieden habe. Seit der Minute in der ich begonnen habe es zu tragen werde ich beleidigt, beschimpft,  werde zu Sozial Arbeitern zitiert, ich werde nieder gemacht ich werde schräg angeschaut. Mein Kopftuch macht mich wohl zu eines der stärksten und durchhaltefähigsten Frauen überhaupt! Mit den ganzen anderen musl. Frauen, die eines tragen. Wenn man jeden Tag damit rechnen muss etwas Negatives zu erfahren, wegen einer Sache zu der man sich freiwillig entschieden hat – wie kann man solch‘ eine Person dann als schwach und eine andere als stark betiteln? Es ist wahre Stärke sich Tag für Tag damit auseinander zu setzten als davor wegzulaufen! 

Weiter schreibt eine: „ich frage mich, wie frei kann eine Frau sein, der von Kindheit an möglicherweise beigebracht wurde, dass sie ein Kopftuch tragen muss. Ein Kind möchte seinen Eltern gefallen. Es hat doch oftmals gar nicht die Wahl gehabt frei zu entscheiden.“

Ich erinnere mich wie ich 8 Jahre alt war und unbedingt das Kopftuch aufsetzten wollte – was ich dann auch getan habe. Als mein Vater mich am Abend dann mit dem Tuch sah rief er mich zu sich. Er sagte mir: „Weißt du wieso eine Frau im Islam das Tuch tragen soll und sich islamgerecht kleiden soll? Kannst du mir sagen, wieso du dieses Tuch trägst – theologisch und menschlich begründet?“ Ich verneinte. Ich was 8 Jahre. Ich wollte es einfach nur tragen! Auf meine Verneinung hin sagte er: „Dann bitte ich dich es abzusetzen. Du kannst es tragen wenn du das verinnerlicht hast was dich dazu bringt das Tuch zu tragen.“ Ich denke, eine weitere Antwort auf solch‘ einen unüberlegten Kommentar brauche ich nicht mehr zu geben. Mit 10 Jahren habe ich dann das Kopftuch aufgesetzt. Geheim vor meinen Eltern, als sie verreisen mussten und ich bei meiner Familie blieb. Ich wollte meinen Eltern nicht gefallen – ich wollte das tun, was ich für richtig halte. Wie man sieht wurden wir dazu erzogen zu verstehen was wir tun und dann zu handeln und nicht, blind zu folgen! Niemand würde meine Eltern dafür rügen, mir damals nicht meinen Willen gelassen zu haben. Aber jeder nimmt sich das Recht heraus, meine Eltern  dafür zu verurteilen, dass ich ein Kopftuch trage? Wie paradox! 

Aber das war noch nicht alles – weiter schreibt einer zum Urteil: „Vor dem Hintergrund des Urteils des BVerfG wird es Generationen
von jungen Mädchen und Frauen mit muslimischen Wurzeln in der
Zukunft noch schwerer fallen sich aus dem Klammergriff von
religiösem Dogma und archaischer Tradition zu lösen um ein
selbstbestimmtes und unbeschwertes Leben in Freiheit führen zu
können. Das Urteil stützt die Partikularinteressen der Islamverbände
und behindert die Möglichkeiten zwischenmenschlicher Begegnung,
vielleicht auch Liebe von „Hans“ und „Ayshe“. So kann Integration
nicht gelingen, ein Urteil mit unabsehbaren Folgen und ein eklatanter
Widerspruch zu moderner Frauenpolitik und Gender Studies.“

Ein selbstbestimmtes und unbeschwertes  Leben können muslimische Menschen nur dann führen, wenn die Gesellschaft sie als Solche akzeptiert und ihnen nicht die Wege versperrt. Das Urteil von März 2015 war ein wichtiger Schritt dahin. Muslimische Frauen sind so frei und so reflektiert (auch durch das, was sie erleben), dass sie sehr wohl in der Lage sind, sich von „Klammergriffen“ zu „befreien“ wenn sie es denn möchten. Das Urteil bietet gebildeten muslimschen Frauen nur eine Möglichkeit frei ihrer Arbeit nachzugehen!

Seit Tagen geht mir ein Kommentar einer Kommilitonen durch den Kopf und ich schaffte es einfach nicht darüber zu schreiben. Sie sagte: „Mein Mitbewohner hat mich gefragt, wie du so reflektiert, frei und so ein denkender Mensch sein kannst obwohl du Muslima bist und dich so einschränken lässt, wie z.B. mit dem Kopftuch.“

Ich bin ein freier, denkender und reflektierter Mensch, eben WEIL ich Muslima bin. Wenn seit der Kindheit immer alle Blicke auf einen gerichtet sind, man jede Handlung doppelt abwägen muss, weil es immer auf die Religionszugehörigkeit oder die Herkunft der Eltern geschoben wird, fängt man sehr früh an zu reflektieren. Dann sucht man Vorbilder die es auch geschafft haben, so großem Druck und oft auch Diskriminierung standzuhalten. Ich bin damals auf die weiblichen Sahaba (Gefährtinnen des Propheten saw. in seiner Angelegenheit) gestoßen, die mir Mut machten, mich zur Bildung und Aktivität inspirierten. Primär hat mich der Koran das selbstbestimmte Leben gelehrt in dem er sagt: „Es gibt keinen Zwang im Glauben“ (2:256) Weiter haben mich die Sahaba das kritische Denken und das Hinterfragen gelehrt. Sie haben sich nicht gescheut bei Unklarheiten den Propheten saw. zu fragen. 

Ich nehme an, es macht einen Unterschied ob man als Kind/Jugendlicher starke, mutige und bedeutsame Personen als Vorbilder hat oder Teenie-Stars die einem nicht viel geben können.

Ich finde muslimische Frauen sollten sich nicht rechtfertigen müssen, wieso sie ein Tuch tragen, sich für eine Religion entscheiden oder ähnliches. Niemand (!), kein Mensch der Welt sollte sich für eine Identität rechtfertigen müssen, für die er sich frei gewählt hat. Und niemand sollte sich das Recht nehmen zu denken, er kenne einen Menschen oder eine Gruppe von Menschen besser als sie sich selbst. 

Danke, ich muss nicht befreit werden. Meine Seele ist bunt, mein Herz ist hell und mein Kopf ist klar! Ich empfehle  diesen Menschen, ihre Seele mit einer anderen Farbe zu bemalen als mit einer, ihr Herz für andere zu öffnen und ihren Kopf von Schrott frei zu schaufeln! 

Deutschland, willkommen in der pluralen Welt.

2015 Bundesverfassungsgericht Karlsruhe: Das Gericht revidiert die Kopftuchverbote die seit seinem Urteil 2003 in den meisten Bundesländer herrschen. In der Pressemitteilung schreiben sie:

„Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass ein pauschales Verbot religiöser Bekundungen in öffentlichen Schulen durch das äußere Erscheinungsbild von Pädagoginnen und Pädagogen mit deren Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) nicht vereinbar ist.“ (Bundesverfassungsgericht.de {13.03.2015})

Überall lese ich davon. Alle Zeitungen schreiben darüber. Alle klatschen sich in die Hände und teilen die „freudige Botschaft“.

Doch irgendetwas stimmt nicht.

Ich finde diese Entwicklung selbstverständlich toll. Ich freue mich für all die muslimischen Frauen, die dem Druck standgehalten haben und das Tuch nicht abgesetzt haben, sich auf Gott verlassen haben. Doch verstehe ich die ganze Aufruhe nicht.

Malcolm X schrieb in seiner Autobiografie sinngemäß, dass er nicht verstehe, wieso man sich mit minimalen „Fortschritten“ zufrieden gebe obwohl doch jeder wüsste, dass das das Recht eines Bürgers sei. Wieso müssten alle sofort „Halleluja jauchzen“ wenn sie ein winziges Stück ihrer Rechte zugesprochen bekämen. (vgl. Malcolm X 1964, S.285)
Und heute empfinde ich es genau so, wie er das damals empfunden hatte, als man von einem großen Fortschritt redete, weil zehn „Schwarze“ nun in einer Fabrik mit „Weißen“ arbeiten durften.

Ein Teil dieses Landes klatscht sich in die Hände, tanzt Freudentänze weil sie ein Stück ihrer Rechte bekommen? Damit lassen wir uns abwimmeln? Und wir sollten doch dankbar sein heißt es, dass wir überhaupt studieren dürften. Wenn wir in „unseren Ländern“ wären, wäre das als Frau gar nicht möglich, sagen jene, die noch nicht begriffen haben das unser Land ebenso Deutschland ist.

Wieso meine Freude sich in Grenzen hält? Elf Jahre. ELF Jahre hat UNSER gemeinsames Deutschland gebraucht um sein eigenes Grundgesetz zu erkennen? Elf Jahre hat Deutschland gebraucht um seinen eigenen Bürgerinnen ihr Recht wieder zu geben?

Dieses Gesetz hätte es in unserem Deutschland gar nicht geben dürfen. Nicht geben sollen. Die Revidierung des Gesetzes aus 2003 ist kein Geschenk, das uns gemacht wurde. Es ist auch kein Entgegenkommen, für welches wir Tänze tanzen müssen.

Unser Deutschland hat am 13. März 2015 mit der Aufhebung des pauschalen Kopftuchverbots für Lehrerinnen nur seine Pflicht erfüllt.

Ich sage: Deutschland, heute bist du angekommen in der pluralen Welt. Herzlich Willkommen! Wir haben lange auf dich gewartet. Und herzlichen Glückwunsch an all die muslimischen Frauen mit Tuch – ich freue mich für euch. 

Ich, die Frau, das Sexobjekt.

Gestern sitze ich im Theater. Meine Kommilitonin und ich haben uns bewusst dieses Stück ausgesucht, weil wir ahnten, dass es irgendetwas mit Frauen zu tun haben könnte. Das Stück hieß „Schatten (Eurydike sagt)“

In dem Stück werden verschiedene Aspekte kritisiert. Die „Kaufsucht“ einer Frau um ihr wahres Ich hinter der Kleidung zu verstecken und in eine andere Rolle zu schlüpfen. Das Verlorensein einer Frau, wenn sie sich von einem Mann trennt. Der Wunsch einer Frau ständig von einem Mann gerettet zu werden. Und, worum es gehen soll: die verschiedenen Shows, Werbungen, Serien etc. in denen die Frau als „Ware“ und „Objekt“ dargestellt wird und man sie entweder für „gut“ oder „schlecht“ abstempelt. 

Angefangen bei den unzähligen Shows die ich nicht aufzählen brauche, in denen Mädchen (zum Teil nicht einmal volljährig) vor eine aus mindestens 3 eingebildeten, oberflächlichen  C-Promis bestehenden Jury zur Show gestellt werden (meist halb nackt)  die dann in  weniger als 3 Minuten am rein körperlichen Zustand des Mädchens entscheiden, ob sie etwas wert ist oder nicht. 

Oder, ein anderes Beispiel: Menschen singen vor einer Jury, die sich dann wenn ihnen die Stimme gefällt umdrehen. Erst einmal steht die Stimme, also das Talent im Vordergrund. Doch nun gibt es diese Formate auch für kleine Kinder, die mit ihren Mini-Körpern und ihrem noch nicht ausgereiften Selbstbewusstsein von Jury Mitgliedern die sie aus unerklärlichen Gründen anhimmeln, abgelehnt werden, weil sie „zu schlecht“ sind. Was macht das mit einem kleinen Kind?

Weiter eine Serie, in der ein Mann die Hauptperson spielt, der jeden Tag eine andere Frau im Bett hat und diese entweder bezahlt oder sie nach dem Sex einfach  raus wirft. Er kennt in der Serie meist nicht einmal die Namen der Frauen mit denen er schläft. Er schläft mit ihnen. Das wars. Eine Ware die er benutzt um seine Triebe zu stillen und dann weg wirft. Zeitgleich gibt es seinen Bruder in der Serie, der was anständiges studiert hat aber nicht so viel Frauen ab bekommt. Dieser wird als Loser dargestellt. Was vermittelt das an unsere Kinder? 

Die Frau ist etwas mit der du machen kannst was du willst, sie dann wegwerfen kannst, sie dich aber trotzdem vergöttern – dann bist du „cool“ und angesagt. Wenn du aber eine Frau ehrst und nicht nur auf den Sex mit ihr aus bist, dann bist du ein „Loser“. 

Wenn man Plakatwände auf den Straßen anschaut, wenn man in der Mittagszeit den TV anmacht und durch klickt, wenn man im Internet eine Werbung sieht. Überall sehen wir Frauen die meist in engen Kleidern oder auch gar nicht bekleidet, ab und an nass, weil das viel erotischer ist rum springen und für eine Sache werben. Wem fällt das heute noch als etwas ungewöhnliches auf? Niemandem. 

Die Frau wird fast immer von der Wirtschaft, Politik und mit der Zeit von der Gesellschaft auf ihren Körper reduziert. Um das mit ihr machen zu können nutzt man Begriffe wie „Feminismus“ oder „Emanzipation“ welche in ihrem Ursprung genau das Gegenteil bewirken wollten – die Frau als Mensch wahrnehmen!- um den BürgerInnen unterbewusst zu vermitteln, dass das okay sei. 

Dann werden Frauen die sich bedecken, sich für einen Mann entscheiden, sich nicht weg schmeißen lassen und die sich aus freiem Willen für oder gegen etwas entscheiden als veraltet und zurückgeblieben betitelt. 

Ist das nicht paradox?!

Wir wollen, dass Frauen als Menschen wahrgenommen werden. Nicht auf ihren Körper, auf ihr Aussehen reduziert werden. Wir wollen, dass Frauen eine Stimme in der Gesellschaft erlangen, doch haben wir kein Problem damit (meist weil es uns gar nicht mehr auffällt) wenn der Frau keine Stimme mehr verliehen wird oder ihr die Stimme entzogen wird, da ihr Körper mehr Geld einbringt als ihre Worte. Wenn die Frau in unserer Gesellschaft, im 21. Jhd. als Sexobjekt und Wegwerfprodukt dargestellt wird wie können wir uns dann als fortschrittliches Land bezeichnen? 

Morgen, Sonntag 08. März ist der Weltfrauentag. Dieser entstand um  den 1. Weltkrieg   um auf die Frauen aufmerksam zu machen und für Gleichberechtigung und Wahlrecht für Frauen einzustehen. 

Ich hoffe, dass wir als Frauen, als Männer und als Gesellschaft kurz innehalten und uns bewusst machen, was mit uns als Mensch getan wird. Sind wir noch immer frei? Waren wir je frei? Denken wir das was wir denken weil wir selbst so empfinden oder weil wir denken, dass es das Richtige ist so zu denken? 

Ich wünsche allen Frauen dieser Welt die sich ihrer Stimme, ihrer Kraft und ihrem Geist bedienen und nicht ihrem Körper um etwas zu bewegen alles Gute und viel Segen  für den Weltfrauentag und immer! Möge uns die Stimme nie versagen, mögen wir auf offene Ohren und offene Herzen stoßen! 

Eine Frau ist der beste Gefährte für Leben.

(Muslimische) Frauen/Männer und das andere Geschlecht.

Muslimische Frauen seien so sehr auf die Aufmerksamkeit eines nicht-muslimischen Mannes aus, weil sie nicht normal mit muslimischen Männern reden könnten, da der Islam sich dagegen ausspreche. 

Zudem hätten muslimische Mädchen nie Kontakt zu anderen Männern/Jungen und fühlten sich bei jeder kleinen Geste von nicht-muslimischen Männern total wertvoll weil sie das sonst nicht kennen. 

Auch sei der normale Lebenslauf einer muslimischen Frau der, dass sie nie Männer richtig kennenlerne, deshalb sehr früh sehr schnell heirate, und dann ganz viele Kinder auf die Welt setze und den ganzen Tag Zuhause sitze. 

Ach und;  nicht-muslimische Männer fühlen sich von muslimischen Frauen die in der virtuellen Öffentlichkeit stehen besonders angezogen, weil sie außer der Putzfrau im Kindergarten auf keine andere treffen mit der sie sich mal unterhalten könnten. 

Das alles habe ich mir heute als junge muslimische Frau, die mit muslimischen und nicht-muslimischen Männern arbeitet, studiert und lebt anhören müssen. 

Ich bin wütend. Schon immer habe ich die paradoxe Beziehung zwischen (musl.) Frauen und (musl.) Männern und umgekehrt und musl. Frauen und nicht-musl. Männern und umgekehrt und nicht-musl. Frauen und musl. Männern kritisiert. Während ich mir bei einer muslimischen Studierenden Sitzung anhören musste, wie einige Frauen und Männer einen getrennten Saal zum Gebet forderten weil – Achtung: Hammer Begründung – sie beim Raus- und reingehen sonst an der Tür auf Männer stoßen könnten, habe ich mich gefragt, was diese Frauen und diese Männer die diese Forderung stellten denn in der Universität, in der Bäckerei, auf der Straße zu suchen haben oder wieso sie dann gemütlich mit Paul/Anna Kaffee trinken, wenn Ahmed/Fatima nicht mal an der Tür stehen darf ?! 

Es stimmt, an einer „gesunden“ Beziehung zwischen den Geschlechtern in der muslimischen Szene muss noch gearbeitet werden. Aber ich sehe, auch durch meine eigene islamische Arbeit wodurch  ich erst richtig gelernt habe wie man „normal“ mit dem anderen muslimischen Geschlecht umgehen kann, dass sich in dieser Sache viel tut. 

Wir sind schon lange aus der Zeit raus in der eine Frau und ein Mann sich nicht anständig kennenlernen können oder sie sich vor Schreck in die Hosen machen wenn sie sich begegnen. Das ist ein Fortschritt! 

Doch frage ich mich, um auf die einleitenden Sätze zurück zu kommen – wie kann man sowas nur denken oder von sich geben?

1. Muslimische Frauen seien so sehr auf die Aufmerksamkeit eines nicht-muslimischen Mannes aus, weil sie nicht normal mit muslimischen Männern reden könnten, da der Islam sich dagegen ausspreche. 

Der Islam spricht sich dagegen aus, dass Mann und Frau sich richtig kennenlernen? Im Gegenteil. In vielen Vorträgen war ich anwesend von vielerlei anerkannten Imamen u.ä. in denen es um das Thema der Ehe und der Partnerfindung ging. Ich erinnere mich wie eine einflussreiche trk. Autorin bei einer Rede die Eltern ausdrücklich gebeten hatte den  Kindern beim Kennenlernen Zeit zu geben, damit sie sich gut kennenlernen können und so ihre Entscheidungen ohne spätere böse Überraschungen treffen können. 

2. Zudem hätten muslimische Mädchen nie Kontakt zu anderen Männern/Jungen und fühlten sich bei jeder kleinen Geste von nicht-muslimischen Männern total wertvoll weil sie das sonst nicht kennen.

Ich frage mich in welch‘ einer Welt diejenige lebte, die das aussprach. Überall (!) in unserem Alltag begegnen wir dem anderen Geschlecht. Immer und jeder Zeit, wenn wir uns nicht gerade like einer demütigen muslimischen Frau im Zimmer verkrochen haben, (Achtung Ironie/Sarkasmus) reden, handeln, interagieren und kommunizieren wir mit dem anderen Geschlecht. Sei es unser Nachbar den wir begrüßen, unser Kommilitione mit dem wir über Studieninhalte sprechen oder einfach der Bäcker, der uns unser Brot backt. Und was sagt diese Aussage eigentlich über den muslimischen Mann aus? Dass er ein Neandertaler ist, der der Frau nicht den nötigen Respekt und kleine Gesten (wie zum Bsp. die Tür auf halten) entgegen bringen kann, so dass muslimische Frauen bei jeder kleinen Geste eines anderen Mannes von allen Wolken fallen weil sie das nicht kennen? In Anbetracht dessen, dass der Prophet Muhammad (s*) das Vorbild jedes muslimischen Mannes (und der Frau) ist, kann das gar nicht stimmen. Denn wenn man sich etwas mit dem Wesen von Ihm auseinander gesetzt hat merkt man, welch‘ ein höflicher, zuvorkommender, ja gar romantischer Mensch der Prophet (s) war.

3. Auch sei der normale Lebenslauf einer muslimischen Frau der, dass sie nie Männer richtig kennenlerne, deshalb sehr früh sehr schnell heirate, und dann ganz viele Kinder auf die Welt setze und den ganzen Tag Zuhause sitze.  

Wie oben bei Punkt 1. schon erwähnt legen es muslimische Autoritäten und einflussreiche Personen es an die Herzen der Frauen und Männer und der Eltern, den Personen die sich kennenlernen möchten genug Zeit zu geben. Selbstverständlich gibt der Islam dafür einige Richtlinien an. Und selbstverständlich sollte man sich dabei im islamischen Rahmen bewegen – aber genau das ist der Punkt! Der Islam bietet den Männern und Frauen die Möglichkeit! Er gibt ihnen die Möglichkeit sich im islamischen Rahmen normal kennenzulernen ohne Stress!  Der Islam sagt zum Bsp.: trefft euch nicht nur zu Zweit an geschlossenen Orten.  Er sagt nicht: trefft euch nicht, redet nicht, heiratet und seid dann mit eurer Entscheidung todunglücklich! Und der Gedanke allein, dass jede muslimische Frau schnell heiratet und dann gleich 10 Kinder auf die Welt setzt und das Haus nie verlässt, ist, wenn man mal nach draußen schaut, sehr realitätsfern. Die muslimische Frau ist seit 1.400 Jahren die wohl emanzipierteste Frau überhaupt! Davon könnten sich unsere lieben Promi-Feministinnen eine Scheibe abschneiden! Man sollte lernen zwischen Islam und Tradition zu unterscheiden  – auch als Muslim/a. Und wenn eine muslimische Frau Zuhause bleiben möchte, bei ihrer Familie, dann ist das ihre Entscheidung und ihr Recht! 

4. Ach und;  nicht-muslimische Männer fühlen sich von muslimischen Frauen die in der virtuellen Öffentlichkeit stehen besonders angezogen, weil sie außer der Putzfrau im Kindergarten auf keine andere treffen. 

Ja, sicher, zu einer Zeit in der die Zahl der  muslimischen Studierenden immer mehr steigt, in der immer mehr muslimische Frauen Karriere machen, in der immer mehr muslimische Frauen bedeutungsvolle  Stellungen in der islamischen Arbeit  einnehmen, begegnet der nicht-muslimische Mann der Frau nur in Kindergarten wenn sie putzt. Sicher! Nicht etwa in der Arbeit, in der Uni, im Supermarkt, in der Krabbelgruppe, beim interkulturellen Dialog, sondern beim Putzen in irgendeiner Firma. Ja, ja, so ist das sicher. 

Frauen, muslimische Frauen stehen immer mehr in der Öffentlichkeit, sie zeigen sich, sie zeigen was sie sind, was sie sein können und was sie sein werden. Muslimische Frauen waren nie das was über sie gesagt wurde und sind heute erst recht nicht mehr das, was über sie gesagt wird. Allein wenn man sich zwei muslimische Frauen aus dem Anfängen der islamischen Zeit anschaut, eine von ihnen mein ganz besonderes Vorbild: Khadischa r.a.*, die erste Frau des Propheten Muhammad (s). Sie war eine erfolgreiche Kauffrau, sie war eine Karrierefrau! Sie war eine treue Ehefrau. Sie war stark, intelligent und hielt immer die Stellung. Und die Andere: Aisha r.a., eine der späteren Frauen des Propheten (s), sie war Ansprechpartnerin in Medina für juristische Angelegenheiten und ist eine der größten Gelehrtinnen.

Und heute: die ganzen Mädchen, Frauen in der Universität, die Frauen in hohen Positionen und die Frauen die geduldig Kinder erziehen und bilden  – wird ihnen mit solchen Aussagen kein Unrecht getan? 

Und nochmal sage ich: Die muslimische Frau ist seit 1.400 Jahren die wohl emanzipierteste Frau überhaupt! Davon könnten sich unsere lieben Promi-Feministinnen eine Scheibe abschneiden!

*(s)= Abkürzung für „sallallahu aleyhi wa sallahm“ = Allahs Frieden und Segen auf Ihn.  *r.a. = Abkürzung für „radiAllahu anhu“ = Möge Allah mit ihm/ihr zufrieden sein.
Nachtrag: Dieser Text ist (wie vieler meiner Texte) in einem frisch-emotionalen  Zustand entstanden. Niemand möchte sich bitte durch die Worte persönlich angegriffen fühlen. Es sind Gedanken und Problematiken die ich beobachte und in Schrift fassen wollte, um auch andere Menschen darauf aufmerksam zumachen.

Wer lehrt Unterdrückung?

Ich lese einen Blogpost einer von mir  sehr geschätzten Person zum Thema Sexuelle Verfügbarkeit der Frau im Islam. Es geht wie in vielen Posts von muslimischen BloggerInnen darüber, dass sie im Alltag mit irgendetwas negativem konfrontiert werden, das dann auf dem Islam geschoben wird.

Diese Bloggerin hat in ihrem Post einen Satz geschrieben, der mir besonders aufgefallen ist. „Wann wird uns endlich klar, dass Frauenunterdrückung kein Problem des Islam, sondern von Männern ist?“ (Ulusoy 2015)

Das Frauenunterdrückung kein Problem des Islam ist wissen wir ja. Aber ich frage mich: ist Frauenunterdrückung nur ein Problem des Mannes?

Meiner Meinung nach sind es vielerlei Aspekte, die die Frau “unterdrücken” in ihrem Sein, Denken, Fühlen und Leben, doch es sind nicht -nur- die Männer. Aber auch. Aber nicht nur.

Ich erinnere mich daran, wie ich eine Situation in der Familie beobachtete, als  die Mutter ihre  Tochter aufforderte ihrem Bruder Tee zu bringen. Der Bruder saß direkt neben ihr. Ich für meinen Teil hätte wahrscheinlich ein „Tzz“ ausgelassen und gesagt, dass er es sich selbst holen soll, da er einfach nur da sitzt und nicht gerade dabei ist die Welt zu  retten. Doch sie stand auf, ging in die Küche und holte ihm seinen Tee. Mir ist klar, dass das primär nichts mit Unterdrückung zu tun hat und dass das auch einfach nur eine nette Geste sein kann, aber dennoch.

Die “Unterdrückung” der Frau wird also zum Teil auch in Familien die den kulturellen Aspekt ihrer Herkunft stärker ausleben “gelehrt”. Die Mädchen werden dazu erzogen die Männer zu bedienen und die Männer werden dazu erzogen sich bedienen zu lassen. Die Eltern sind es doch primär, die ihre Töchter zur „Unterdrückung“ erziehen und ihre Söhne zu „Unterdrückenden“. Die Eltern sind die erste Instanz von  der ein Kind Wert und Normen vermittelt bekommt. In der Entwicklungspsychologie/Pädagogik gibt es etwas, das sich „Modelllernen“ nennt. Das heißt, dass das Kind am Modell seiner Bezugspersonen lernt. An den Taten dieser. Wenn also die Frau ständig dabei ist Runden um ihren Mann zu laufen und der Mann das zulässt, und diese Personen  Modelle für weitere Generationen sind – wer unterdrückt dann wen wieso und wer lässt sich von wem wieso unterdrücken?

Das ist eine große Tatsache, die man oft übersieht. Man muss sich Fragen: zu was erziehen die Eltern (nicht nur die Mütter!) ihre Söhne und ihre Töchter? Was für ein Bild der Frau und des Mannes geben sie in ihrer Erziehung und Bildung weiter? Das sind Fragen, die da mit spielen.

So muss meiner Meinung nach nicht nur an dem Männern gearbeitet werden sondern das Übel fängt wo ganz anders an. Und dort muss meiner Meinung nach angepackt werden.

Kein Elternteil sollte seinen Sohn zur Unselbstständigkeit erziehen und die Tochter zu einer programmierten Bedienung. Kinder sollten zu mündigen Personen herangezogen werden. Nur so kann unsere Gesellschaft gesund sein.