Wir können nirgendwo ganz wir sein.

Wer ist sichtbar und wer wird unsichtbar gemacht?

Nach welchen Kriterien suchen wir die Menschen aus, dir wir durch unsere Ressourcen und Mitteln fördern und denen wir eine Bühne geben (möchten)?

Was bedeutet es, in marginalisierten Gruppen solidarisch zu sein?

Was bedeutet es, Ressourcen zu teilen?

„Ich kann dieses Spiel halt nicht mitspielen, lächeln, hihi da hihi hier, und dann zuhause sitzen und genau wissen, dass dich die Menschen nur so viel haben möchten, wie es ihnen was bringt.“, schreibe ich einer Freundin.

Und was ist die Alternative: Texte, die in den Schubladen verstauben, Fotografien, die nie gesehen werden, Gedanken die nie gehört und 15 Jahre Mädchen*arbeit die nicht geschätzt wird.

Ich erinnere mich an Fragmente aus meiner Kindheit. Familien die miteinander konkurrierten. Welches Auto? Welche Wohnung? Welche Ausbildung für die Kinder?

Dann haben die Kinder ebenso begonnen, miteinander zu konkurrieren.

Welche Ausbildung? Welche Partner:in? Welches Haus? Welches Gehalt? Welche Schuhe?

Sie redeten viel übereinander. Und ich hatte immer das Gefühl, dass ich mit all dem nichts anfangen konnte – also schwieg ich. Sehr oft.

„Was wohl in dem Kopf dieses Mädchens ständig vor sich geht, so dass sie stundenlang still vor sich hinblickt und kein Wort sagt.“, fragte mein Lieblingsonkel mal meine Tante. „Esim ist immer so, ich glaube wir wollen gar nicht wissen, was da alles vor sich geht.“, antwortete sie.

Stille Menschen hören und sehen sehr viel. Dinge, die andere überhören oder übersehen. Dinge die andere nicht einmal wahrnehmen, nahm ich wahr, verarbeitete es für Tage und zog mir eine Lehre daraus. Meine Stille hat mich erzogen.

Am schlimmsten fand ich es aber, wenn all diese Menschen, die viel übereinander sagten, und dass auch genau wussten, dann zusammenkamen. Sie lächelten, sagten wie großartig sie sich gegenseitig fanden, und unternahmen gemeinsam Dinge.

Und ich war dabei, schwebte um diese ganze Struktur herum und hörte, sah und nahm wahr.

Ich hatte mir versprochen, nie so zu werden. Egal, ob das bedeutete, dass ich eben nicht dazu gehöre. Nicht gesehen und nicht wahrgenommen werde. Ich dachte, ich würde Menschen finden, die Denken und Fühlen wie ich.

Diese Menschen fand ich, sie wurden aber mit der Zeit immer weniger. Denn der gemeinsame Kampf um Ressourcen, Mittel und eine gemeinsame Bühne wandelte sich um in einen Kamp um die Ressourcen, Mittel und Bühnen selbst. Und das gleiche Spiel begann erneut.

Es scheint mir, dass mit den Errungenschaften, die gemeinsamen Werte, das gemeinsame Denken und Fühlen verloren geht. Dass es dann darum geht, die Bühne zu haben, und nicht zu teilen. Was bedeutet es, wenn wir die Muster und Mechanismen von jenen annehmen, die wir all die Jahre kritisiert haben. Und diese Mechanismen dann gegen unsere „eigenen“ Leute wenden.

Eine Hierarchie in der Hierarchie in der Hierarchie. Ein Unsichtbargemachtwerden im Unsichbargemachtwerden im Unsichtbargemachtwerden.

Und dann denke ich an die Worte einer Bekannten, die meinen Rat für eine Diskussionsrunde suchte: wir sind Menschen, die überall die „anderen“ sind. Wir können nirgendwo ganz wir sein.

Das Gift des Nichtstun.

Ohne mich selbst loben zu wollen, (davor fürchte ich mich) kann ich sagen, dass ich seit vielen Jahren ein aktiver Mensch bin. Ich versuche viel zu tun. Bin in Vereinen, Organisationen etc. aktiv und versuche mich so gut es geht für das Gute einzusetzen. Seien es kleine Dinge, die keiner sieht wie Stunden lang am Eingang einer Jugendherberge auf den Lieferanten der gespendeten Würstchen zu warten oder sichtbar auf einer Bühne stehen und etwas moderieren oder ähnliches. 

Ich hatte immer ein Gefühl der Erfüllung in mir, wenn ich was tat, wenn ich was tun konnte. Wenn ich dem Fortschritt der Gemeinschaft und der Gesellschaft etwas beitragen konnte. 

Ich kenne Menschen, die es genießen  Tage lang nichts zu tun. Solche Zeiten gab es bei mir – dem Herrn sei Dank – selten. Doch die letzen zwei Wochen habe ich wegen persönlicher Umstände einen krassen Cut in meinem Leben durchlebt bzw. durchlebe ihn immer noch. 

Von den meisten Aktivitätsmöglichkeiten, die ich hatte und in die ich fest involviert war, bin ich nun örtlich zu weit weg, so dass die Dinge so einfach nicht mehr zu machen sind. Seit zwei Wochen in etwa sitze ich da, in einer Phase meines Lebens, in der Andere möglicherweise Abstand und Ruhe von Menschen und Arbeit genießen würden. 

Ich merke nur, wie ich das „TUN“ vermisse. Wie das „TUN“ mir selbst gut tat, und wie es mir jetzt nicht gut tut, nichts zu tun. Nichtstun fühlt sich für mich wie ein Gift an, dass sich in dich setzt und tatsächlich lähmt. 

All die vielen Zitate großer Denker, all die Worte von großen Menschen meines Herzens, all die Koranverse  über das „TUN“ – jetzt ergeben sie Sinn. Nie, wenn wir etwas tun, tun wir es für andere. Wir tun es immer für uns selbst. Wir tun es, damit wir uns selbst und andere schätzen und respektieren lernen. Wir tun es damit wir ruhig schlafen können. Wir tun es damit unsere Seele das Gefühl von Erfüllung erlangt. Denn der Mensch der „tut“, verändert im Endeffekt die Welt. 

Selten weiß ich nicht, wieso ich einen Text schreibe oder was ich überhaupt damit sagen möchte. Selten ist ein Text so, auf diese Art und Weise persönlich. Ich möchte nur eine Geschichte erzählen, mit dieser abschließen, hoffen und beten, dass auch ich, in naher naher Zukunft wieder etwas zu Tun finde/bekomme/habe, und andere zum aktiven Tun motivieren kann. 

Die Geschichte des Propheten Ayyoub/Hiob kennen sicher viele von uns. Ayyoub a.s. wurde auf eine Art und Weise geprüft, wie vielleicht kein anderer. Irgendwann, richtet er sich an den Herrn, in Mühsal und Leiden erstickend und spricht sein Leiden aus:

„Und erinnere dich an unseren Diener Hiob, (wie es war) als er zu seinem Erhalter rief: „Siehe, Satan hat mich mit völliger Mühsal und Leiden heimgesucht.“ 

Der Prophet ist so am Ende. Im Türkischen wird „Mühsal“ als „bitiş noktası“ beschrieben. Der Punkt, an dem man am Ende angelangt ist. Leiden wird als „Azab“beschrieben. Azab bedeutet „allein-sein, niemanden haben, dass Gott dir den Rücken zugewendet hat“. An diesem Punkt war Ayyoub a.s. angelangt und rief sein Leiden dem Herrn zu. Der Herr antwortet: 

„(und ihm daraufhin geantwortet wurde: „Schlage mit deinem Fuß (auf den Boden): hier ist kühles Wasser zum Waschen und zum Trinken.“ 

Es ist einfach nur krass. Einfach nur viel zu krass. Gott spricht nicht von Mitleid, Gott zieht seine Prüfungen nicht zurück. Gott sagt ihm, er solle aufstehen, sich aus der Situation lösen, auf den Boden schlagen. „Schlag mit deinem Fuß“ – tu etwas, bewege dich, lieg nicht da und bemitleide dich nicht selbst! Wasch dich und trinke Wasser und mach weiter. Kennt ihr diese Menschen, die einem sagen man solle sich das Gesicht waschen und ein Glas Wasser trinken, wenn etwas Schlimmes passiert ist oder man erschöpft ist? Genau das sagt Gott zu Ayyoub. Raff dich auf, lese ich in diesen Zeilen. Raff dich auf und „TU“ etwas! Denn am Ende des Tuns ist Erfolg und Zufriedenheit. 

„Und wir erteilten ihm neue Nachkommenschaft und verdoppelten die Zahl als ein Akt der Gnade von Uns und als eine Erinnerung an alle, die mit Einsicht versehen sind.“

Wenn das Tun uns von der Schlimmsten Lage unseres Lebens befreien kann, wie kann es noch Menschen geben, die das Nichtstun preisen? 

 

Ich wünsche allen Fastenden einen gesegneten Monat mit viel Liebe, Licht, Einsicht und vielen Aktivitäten. Ich wünsche mir, dass das Tun nicht lang auf sich warten lässt, dass ich nicht lange auf mich warten lasse! 

 

Wechselwirkung – Hand verschmutzt Hand. „machtWorte“

Zur Lesung geht es hier entlang: Lesung – Wechselwirkung

Allahu akbar“ schreien sie, welch’ laute Horde mit unreiner Brust! Schatten in ihren Augen, sie stoßen ab mit ihren bärtigen, grimmigen Gesichtern. Sie lüstern nach Macht und dursten nach Blut. Sie schreien „Allahu Akbar“ und missbrauchen den Namen des Liebenden, Geliebten. Erheben sich damit in ihrer Perversität.
Ihre Zungen sprechen mächtige Worte bei Tag und bei Nacht – sie stoßen die Worte aber von sich ab statt diese in ihre Herzen eindringen zu lassen.
Sie rufen „Gott ist groß“, doch sind sich dessen Konsequenz bewusst?!

„Allahu akbar“ schreien sie während sie töten, zerstören, in Brand setzen. Menschen erschrecken, Angst einflößen kleinen weinenden Kindern, das Gute auslöschen, den Frieden zunichte machen.

Hätten sie doch aber auf das erste Wort ihrer Worte gehört – „Iqra – Lies!“ so wäre das was sie tun ihnen selbst zuwider.

Sie erschaffen sich Königreiche und Mächte mit ihren Worten. Machen mit ihren Worten aus Königen Sklaven, aus Sklaven Könige. Bestimmen mit einem Wort über Gut und Böse, über Leben und Tod. Machen aus Menschen das, was sie nie hätten sein sollen. Nie hätten sein können.
So mächtig ist also das Wort, so zerstörerisch!

*

„Wir sind das Volk“ brüllen sie, laut, so dass ihnen die Stimmen zu verschwinden drohen.
Ihre eisblauen Augen stechen in der Dunkelheit hervor, pflanzen sich in die Erinnerungen, in die Herzen kleiner weinender Kinder, die vor „Allahu akbar“ – Schreienden geflüchtet sind, um mit „Wir sind das Volk“ empfangen zu werden?

Hineingetaucht sind ihre patriotischen Geister in Liebe zu Schwein, deutschem Kulturgut und Heimatgefühl! Machen ihre Identität an einem Tier fest, sind nichts weiter, als Mitbürger auch anderer Beheimateter – wollen es aber nicht fühlen!

Sie merken nicht, dass sie mit ihren Worten das Licht am Ende des Tunnels auslöschen, während sie andere dunkle Lichter die seit Jahrzehnten erloschen sind, wieder anzünden zu versuchen.
Mit ihren Worten färben sie Seelen braun, während sie das Kunterbunte zu ersticken versuchen! Wollen eine Alternative für das Land sein, doch mit ihren Worten machen sie krank die gesunden Herzen und gesund die Kranken. Steigen hinauf in die obersten Ebenen der Mächtigen; unter den von Steuergeldern bezahlten Nadelstreifen verstecken sich ihre Springerstiefel!

„Wir sind das Volk“ brüllen sie, missbrauchen unverschämt und in Absolutismus badend den Namen des Volkes! Erheben sich in ihrer Perversität damit. Sie sprechen Worte, mächtige Worte, während sie zerstören, in Brand setzen, Menschen erschrecken, Kinder zum weinen bringen, das Gute und die Hoffnung auf Frieden auslöschen! Hetzen, Hass verbreiten und das Eine spalten!
So mächtig ist also das Wort, so zerstörerisch.

*

Da stehe ich nun, inmitten dieser beiden Seiten. Keiner weiß mehr so recht was richtig und falsch ist. Und ich mittendrin, werde bekämpft, getreten, angefeindet und befremdet von Beiden! Kann kaum eine Zeitung aufschlagen, ohne dass einer der Beiden, am besten im Verbindung miteinander, thematisiert werden. Stehe da während 1000 nachte Zeigefinger gegen mich gestreckt sind!

Sie sagen Ich sei die Ungläubige, nein, ich bin! die Ungläubige, die, die den Ungläubigen in den Arsch kriecht, die Gott für die Demokratie verkauft hat, die, die ihre erotische Stimme selbst vor Männern erhebt, sich ihnen zeigt, sich ihnen vorführt! Ich bin ein ausgepackter Lutschbonbon, an dem sich Sarrazin, Hamed Abdelsamed und Petry gemeinsam, Lippe an Lippe vergnügen, während ich nicht beachte, dass meine Glaubensgeschwister für Gott kämpfen und sterben.
Ich bin die Ungläubige, die ignorante Egoistin, die einen liberalen Islam geschaffen hat, die vom Propheten bekämpft werden würde, wenn er lebte. Ich bin die, die das Tuch trägt, aber keinen Glauben mehr in sich. Die, die sich verkauft hat. Ich bin die, die Gott niemals erreichen wird, die, die in Reue verrecken sollte, die Gottes Vergebung niemals erhalten wird, da mein Gott nun Europa ist!

Auf der anderen Seite bin ich die Kopftuchschlampe, sagen sie, die Putze von Muhammad, die Sexsklavin meines Mannes, die Knechtin meines Vaters, der Boxsack meines Bruders! Die Kanakin, die ewige Kanakin die kein Deutsch spricht, die die niemals einen Abschluss erlangen wird, die, die unterrückt ist, befreit werden muss, die keine eigenen Entscheidungen treffen kann. Ich bin die, die gerade mal gut genug für einen Putzjob ist, aber auch die Sozialschmarotzerin, die von ihren Steuergeldern lebt. Ich bin die Hinterweltlerin, die Zurückgebliebene, die, die das Land ins Verderben stürzt, eine Seuche für jeden Deutschen, ich bin die Pest!

Anhören muss ich mir beides, von beiden Seiten, immer und immer und immer wieder.
Es scheint, als seien sie eins die Beiden, als seien sie das Selbe im Kern, als verfolgten sie die selben Ziele, hätten die selbe Motivation, wären aus dem selben Material gestrickt in ihrem Hass gegen mich, gegen die Mitte, gegen die Leute der Mitte!

Und da stehe ich nun, im Stillen schreiend, in der Schlacht friedenstiftend und im Scheinfrieden kämpfend!

Mein Haupt ist erhoben, immer, denn ich werde mich niemals meinem Glauben, meinen Flügeln der Herkunft, noch mich meinem Deutschsein berauben lassen!

Das Wort also. So mächtig ist also das Wort, so zerstörerisch.

So viel wie es Schlechtes anrichten kann, kann es auch Gutes tun – wenn man es denn zu benutzen weiß, zu formen – wie eine Kunst.

Die Macht liegt also in den Händen der Lauten.
Ist das Schweigen dann wirklich eine Lösung?

*

Nachtrag: Der Text ist für eine Lesung in Karlsruhe entstanden. Dieser wird auch im Sammelband „Farblos – Junge Dichter über Flucht und Migration“ erscheinen. Alle Infos dazu hier: facebook.com/farblospoesie/

Weisheit und Unrecht.

Sie sitzt neben mir und strickt. Sie ist alt und ich liebe sie sehr. Plötzlich, aus dem Nichts atmet sie tief ein und wieder aus. Beim Ausatmen spricht sie „Audhu Billahi mina-Shaitan-nir-Rajeem, Bismillahi RahmaniRahim.“(Ich suche Zuflucht bei Gott vor dem verfluchten Satan. Mit dem Namen Gottes, des Allerbarmers, des Barmherzigen) Ich muss lächeln. 

*

Wenn wir, die Menschen, oder die Muslime eine Sache erforschen, lernen  wollen, dann lesen wir uns Texte von Imamen, Gelehrten oder sonst etwas durch und übernehmen diese. Meist ohne zu hinterfragen. Wie mich das nervt möchte ich nicht näher erläutern. Ich hatte dazu in meinem Text „Mein Hoca hat gesagt…“ genug geschrieben.  Mir geht es heute um etwas anderes. 

Oft schauen wir uns einen Sachverhalt an und versuchen diesen islamisch, also u.a. koranisch zu belegen, zu untermauern – besser; wir suchen irgendetwas, dass uns das gibt wonach uns gerade ist, damit wir raus schreien können bei Kritik: „aber das steht im Koran!“

Ich habe eine Sache gelernt: man muss, wenn man eine Sache begreifen will nach einer Sache streben und sich vor einer fürchten. 

Die erste Sache vor der man sich fürchten sollte ist das Unrecht. Zulm auf arabisch. Zulm bedeutet, dass man eine Sache von dem Platz entreißt, den Gott eigentlich ursprünglich für diese Sache vorhergesehen hatte. 

Die zweite Sache, nach der man streben sollte ist Weisheit. Arabisch Hikma. Hikma bedeutet, etwas an den Platz legen den Gott für eine Sache vorgeschrieben hat. 

Ich mache mir oft Gedanken über Gott. Über Gott und mich. Wirklich über das Wesen und meine Beziehung zu Ihm. Manchmal sitze ich da und rede einfach mit Ihm. Man könnte mich für verrückt erklären. Ich sitze in einem leeren Zimmer und rede, in irgendeinem Gefühlszustand mit „etwas,“ das man weder sehen, hören noch physisch spüren kann. Aber ich kann sagen, dass ich Gott kennengelernt habe. Irgendwie.  Nicht nur durch einen Weg, den Islam, sondern durch Verschiedene. Und mittlerweile kommen wir gut miteinander klar. 

Wenn ich mir bei einer Sache denke, was Er wohl möchte, und diese dann so umsetze, dann hoffe ich, dass ich das „Richtige“ tat und mit Hikma gehandelt habe, bzw. angewendet habe. Ich habe die Sorge Zulm zu begehen, in Zulm zu handeln. 

Mein Streben danach, etwas an dem Platz zu legen, sei es nur eine kleine Tat, den Gott für diese Sache vorgesehen hat erfüllt mich. Wenn diese Sache dann noch diesen Platz erreicht, ja dann kann ich von innerem Frieden sprechen. Denn die Sache die an dem richtigen Platz gelegt wurde, ist dann nur vollkommen und gut. Fühlen wir uns als Menschen nicht etwa unwohl, wenn wir an einem Ort sind, der eigentlich nicht der Richtige für uns ist? Ich schon. Erst wenn ich wieder dort bin, wo ich mich hingehörig fühle geht es mir gut, kann ich gut schlafen. 

Ich frage mich, wie oft wir mit in Hikma und wie oft in Zulm handelt – vor allem wenn es um religiöse Themen geht. Setzen wir die Sachen, Geschehnisse, Personen und und und an die Stellen, und leben sie auf die Art und Weise wie sie Gott vorhergesehen hat? 

Zuflucht vor dem Satan Suchen. Mit dem Namen Gottes alles beginnen ist nicht eine Sache, die man unbewusst „nur“ sprechen sollte. Sie ist eine Bewusstseinsebene, in die man eintauchen muss, damit man mit Weisheit handeln kann und dem Unrecht die Stirn bietet. 

Mögen wir alle dieses tun können. Ich – vor allem ich. 

Mit dem Wunsch, dass das Leben in Hikma gefüllt ist. Zulm weit weg von uns bleibt!

Wenn der Tod eine Erinnerung ist.

Ich wollte heute eigentlich einer meiner vielen Hausarbeiten die ich schreiben muss zu Ende stellen. Aber das gelang mir nicht. 

Ich kam nicht früh genug aus dem Bett, meine Motivation war mit meiner Energie Golf spielen gegangen und mir kam alles hoch, als ich den Stapel Bücher vor mir sah, die ich brauche, um meine vielen Arbeiten zu schreiben. 

Später erhielt ich eine Nachricht. Eine traurige, schreckliche Nachricht, die mich den ganzen Tag beschäftigte. 

Während meines Praktikums in der Türkei in einer Schule für syrische Flüchtlingskinder lernte ich einen jungen Mann kennen. Er war Flüchtling. In Syrien hatte er studiert, war ein guter Sportler und vieles mehr. Er schrieb mir, dass seine Cousine und ihre zwei kleinen Kinder auf der Flucht von  Syrien nach Europa im Meer ertrunken sind. 

 

Ich habe es heute morgen nicht aus dem Bett geschafft. Ich habe es nicht geschafft mein Buch aufzuschlagen zu lesen, das Gelesene dann in eigenen Worten nieder  zu schreiben, um eine gute Pädagogin zu werden.

Ich habe mich beschwert. Über den vielen Stress den ich in der Universität und privat habe. Darüber, dass mir alles zu viel wird, und das Ganze mich lähmt. 

Heute ist mir aufgefallen, dass ich lange nicht mehr darüber nachgedacht habe, wieso ich das Ganze eigentlich mache – um etwas Gutes in der Welt bewirken zu können, um den Menschen nützlich zu sein, dadurch, dass ich ein nützlicher Mensch werde – für die Gesellschaft, für die Menschheit. 

Ist es nicht meine Pflicht etwas aus den Gaben Gottes zu machen, während viele Menschen es gerne täten, aber nicht können? Müsste mich das nicht motivieren oder anspornen? Müsste ich nicht um noch mehr Wissen, um mehr Kompetenz, um mehr Expertise streben,  um diesen Menschen vielleicht eines Tages etwas Gutes tun zu können?!

Uns geht es zu gut. Uns geht es viel zu gut! Ich habe diesen Satz früher so sehr gehasst – aber jetzt verinnerliche ich ihn.  

Und dennoch klagen wir, während wir all die Chancen die uns gegeben worden sind nicht bis zum letzen Punkt ausnutzen! Wir klagen, weil unser Studium zu hart ist, während andere in der Universität durch Bombenangriffe sterben. 

Wer weiß, wie viele Menschen, Mütter, kleine Kinder heute irgendwo in den vielen Kriegsgebieten gestorben sind, damit wir in Ruhe schlafen und leben können, ohne den Wert des Ganzen überhaupt wahrzunehmen. 

Ist es nicht genau deshalb unsere Pflicht uns noch mehr anzustrengen?

 

 

#kölnhbf – missbraucht nicht den Feminismus!

Die meisten Männer die seit Tagen wegen den Vorfällen während der Silvesternacht in Köln über Frauenrechte ihre Mäuler zerreißen, haben gestern beim Männerstammtisch noch einen Blondinenwitz mit Küchen-Thematik gebracht, während die Frauen sie brav bedient haben.

Die Heuchelei, aber vor allem die Generalisierung und Hetze, die hauptsächlich auf dem Rücken muslimischer Männer bzw. den zwischenmenschlichen Beziehungen muslimischer Menschen ausgetragen wird ist kaum zu ertragen!
Als sei die Kriminalität gegen Frauen vorher nie existent gewesen bis „nordafrikanische Männer, mit muslimischen Hintergrund“ Frauen in Köln angegriffen haben.

Als ob das nicht genügen würde versammeln sich nun Gruppen, die für ihre besonders ausgeprägte rechte Seite im inneren ihrer Seele bekannt sind und demonstrieren für Frauenrechte und Gewalt gegen Frauen? Wollt ihr mich eigentlich auf den Arm nehmen?!

Sogenannte KünsterInnen stellen sich splitterfasernackt auf die Straße um ein Zeichen für die Gleichberechtigung und den Schutz für Frauen zu setzen? Bedeutet denn nur Nacktheit Freiheit für Frauen? Spricht diese Art der Kunst wirklich für alle Frauen?

Ich kenne viele Frauen, auch viele muslimische Frauen die sich seit Jahren als Feministinnen bezeichnen und das, was sie darunter verstehen in ihrem Alltag ausleben. Sie setzen sich in den verschiedensten Netzwerken dafür ein! Sie versuchen der Frau eine Stimme zu geben, egal, ob muslimisch oder nicht! Auch andere Frauen und Vereine, die sich schon immer gegen Gewalt an Frauen und für Frauenrechte eingesetzt haben wurden bis heute kaum gehört!

Man möchte sich ja freuen, als eine Frau, die seit ihrer Kindheit schon ein besonders ausgeprägtes Frauenbild hat, dieses auslebt und immer verteidigte, wenn die Gesellschaft nun endlich – verdammt – endlich! der Stimme der Frau Gehör schenken möchte – aber so? So?!

Möchten wir nun auch dieses so wichtige Thema verseuchen und vergiften, den eigentlichen Schwerpunkt vernachlässigen, unsere eigenen Fehler oder Herausforderungen, und unsere Baustellen verdecken, sie nicht beachten, sie als nie geschehen darstellen, in dem wir auch so ein extrem wichtiges und leider im 21. Jahrhundert mitten in Europa noch kaum gehörtes Thema zu einer „Ausländer/Migranten/Flüchtlingsdebatte machen? Sie missbrauchen für unsere eigenen kapitalistischen, politischen und ungerechten Zwecke?!

Tut mir leid aber, nicht mit mir!

Seit eh und je kenne ich Menschen die ihr Leben dafür nutzen und teils aufopfern Frauen eine Stimme zu geben und die Herausforderungen unseres Landes und unserer Gesellschaft, wie oben schon erwähnt, in den Vordergrund, gar in die Mitte unserer Lebenswelt zu bringen – all das mit geringem Erfolg, denn niemand wollte sie hören! Wieso denn auch, wenn die Industrie und die Politik mit dem Frauenbild das wir heute vertreten bestens funktioniert?

Ich spreche mich absolut dagegen aus, dass so ein wichtiges und wertvolles Thema missbraucht wird für widerliche und eigennützige Zwecke! Ich bete und kämpfe für eine ehrlichere, authentische und nachhaltigere Debatte wenn es um Frauenrechte etc. geht!

Ich, als eine Frau, der das Thema schon immer in mitten ihres Herzes lag bin verletzt darüber, dass so eine schöne und wichtige Thematik leider nur, wie viele anderen Thematiken auch, in die missbrauchenden und unehrlichen Hände von unehrlichen und unguten Menschen gefallen ist.

Kopftuchgeschichten zu Weihnachten.

Während meinen Beschäftigungen außer Haus stecke ich mein Handy wenn ich telefoniere immer in mein Kopftuch, so dass ich beide Hände frei habe, wenn ich etwas tun muss. Dies auch während meinem Einkauf in einem Supermarkt. Trotz dass ich beide Hände frei hatte, hatte ich einen schweren Karton in der Hand und versuchte diesen etwas umständlich auf die hintere Ablage meines Fahrrads zu befestigen, als mir ein Mann entgegen kam und „Warten Sie, ich helfe Ihnen“, sagte.  Ich habe mir also helfen lassen und dankte ihm freundlich, als er meinte: „Das ist aber ziemlich praktisch.“ Ich dachte er meint meine Variante mit dem Karton und dem Rad und redete darüber, dass das leichter sei so zu transportieren. „Nein, ich meine das Telefon in ihrem Tuch…“ (welches ich vergessen hatte) „…sieht echt cool aus, ne Art Freisprechanlage! Vielleicht sollte ich mir beim Einkaufen auch ein Tuch umbinden. Dann kann ich in Ruhe einkaufen und meine Kinder während dem Einkauf händeln.“ Er lachte herzlich und wirklich freundlich während er ernsthaft darüber nach dachte, dass das eine gute Idee ist das so zu machen! 

 

Weiter war ich in einem Cafe in dem man, um die Kuchen- und Tortenangebote sehen zu können zum Tresen vor laufen muss. Ich legte meine Sachen ab und lief also vor als mich die Bedienung ansprach ob ich denn zu den Kuchen und Torten vorlaufe. Ich bestätigte worauf  sie sagte, ich solle mich von ihr begleiten lassen. Ich fand es etwas seltsam, denn ich hatte keine Idee wieso sie mich zum Tresen begleiten wollte. Als wir vor dem Tresen standen dann:
„So, als diesen Kuchen und den dahinten rechts sollten sie nicht essen, da sind sowohl Gelatine als auch Alkohol drin. Bei den beiden hier  ist nur Alkohol enthalten, und diese Torte beinhaltet  Gelatine. Den Rest können Sie beruhigt essen. Ich wollte Sie nur nach vorne begleiten um Ihnen das sagen zu können, nicht dass sie aus Versehen etwas bestellen, in dem Alkohol und/oder Gelatine ist.“
Ich war erstaunt und auch etwas emotional berührt. Wie zuvorkommend, aufmerksam und freundlich diese Dame war!

Ich schreibe sehr oft aus negativ- und Diskriminierungserfahrungen heraus. ich mache leider auch oft negative Erfahrungen, so dass mich schöne Erfahrungen immer ganz besonders berühren. Doch schlechten Dingen soll immer eine gute Sachen folgen, damit das Schlechte nicht im Vordergrund steht.

Ich habe heute sehr schlechte und traurige Dinge gelesen von MitbürgerInnen, die nicht einsehen möchten, dass muslimische Menschen in Deutschland auch ihre MitbürgerInnen sind. Aber ich möchte  heute nicht über diese traurigen Erfahrungen schreiben, sondern auch etwas aus selbsttherapeutischen Zwecken  über zwei schöne und erfreuliche Begegnungen, um dem Schlechten wenigstens heute  keinen Raum zu geben.

 

Ich wünsche meinen christlichen Freunden, Bekannten und LeserInnen besinnliche, friedliche und mit Liebe gefüllte Weihnachten!
Möge Liebe über unsere Herzen, Licht über unsere Seelen und Wissen über unseren Verstand herrschen.

#campusrassismus

Wenn die Musikdozentin ein Lied singen will in dem von „Türkentrank“ und „Muselmännern“ die Rede ist und auf die Kritik hin, dass das nicht ok sei, mit „Ich verstehe dieses ganze politisch korrekte nicht, das ist Geschichte. Ich würde heute auch noch die Zehn kleine Negerlein singen“, antwortet. Sie bildet übrigens PädagogInnen der Kindheit aus. #campusrassismus

Rassismus begegnet uns überall. Auch auf meinem Blog sind viele Beiträge, die wegen Rassismus- und diskriminierungserfahrungen geschrieben und geteilt  worden sind. Die PoC Hochschulgruppe Mainz und ffm haben nun eine Online-Aktion gestartet, in dem die Rassismen auf dem Campus sichtbar werden sollen.

Rassismen die vor allem StudentInnen  auf dem Campus begegnen sollen mit dem #CampusRassismus  geteilt werden, damit die Öffentlichkeit, die Gesellschaft auf Rassismen aufmerksam gemacht wird, die in mitten unseres normalen Alltags passieren.
Oft verstecken sich Rassismen nämlich  hinter Witzen, ach so gut gemeinten Ratschlägen oder der Freiheit Dinge sagen zu dürfen, weil man doch befreundet sei. Doch Rassismus ist nun mal Rassismus. Rassismus ist weder witzig, noch ein gut gemeinter Rat und die Freundschaft ist keine Freikarte für Rassismus!

Macht mit um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen und eine Veränderung herbei zu rufen! 

***

#campusrassismus

„Du hast dich verlobt? War aber schon deine eigene Entscheidung, oder haben dich deine Eltern dazu gezwungen. *lach* ach, ist doch nur ein Spaß!“

„Was, du bist zum Studieren ausgezogen und lebst allein?! Das haben deine Eltern erlaubt? Ich meine, ihr seid da doch immer so streng mit den Mädchen.“

„Der Raum der Stille ist ja eigentlich so sinnlos, das nutzen doch sowieso nur die Kopftuchmädchen. Die Uni hat sowieso schon zu wenig Räumlichkeiten.“

„Wenn eine Woche vor Praktikumsbeginn für ein von der Uni angeordnetes Pflichtpraktikum der Platz abgesagt wird, weil man sich doch entschieden habe keine Praktikantin mit Kopftuch einzustellen und dann noch den gut gemeinten Rat bekommt, dass man doch lieber das Studium abbrechen sollte, weil man mit so einer radikal-islamistischen Einstellung, die daran bemerkbar wäre, dass man sein Kopftuch nicht absetzten wolle, sowieso keinen Job finden würde. Schließlich würde niemand in der pädagogischen Branche eine schleichende Islamisierung meinerseits dulden.“ (siehe Text: wenn mein Kopftuch mit mir sprechen könnte)

 

 

Wieso #Paris mich als Muslim/a betreffen sollte.

Ich glaube, ich brauche nicht zu erwähnen, was die letzten wenigen Tage die ganze Welt bewegt hat – der Anschlag in Paris. Als ich den Abend zu Hause saß und die Nachrichten las, wusste ich eigentlich gar nicht so recht was ich denken, fühlen oder was ich tun sollte.

Eine Art von Ohnmacht überkam mich, und eigentlich hatte ich mir vorgenommen, die Tage nicht in meine sozialen Netzwerke rein zu schauen, da ich mir das Ganze drum herum ersparen wollte.

Die Rechten, die diese Dinge unverschämt und widerwärtig für ihre eigenen Zwecke ausnutzen, um gegen Muslime, Menschen mit Migrationshintergrund und Flüchtlinge zu hetzen, aber auch Muslime, die in eine Trotzreaktion verfallen und nicht einsehen wollen, wieso sie diese Dinge auch betreffen!

Immer wieder höre ich Sätze wie: „“Wieso soll ich jetzt eine Mahnwache organisieren/besuchen nur weil ich Muslim/a bin. Ich habe doch damit nicht zutun. Da bekenne ich mich doch nur, dass das was mit „uns“ zutun hat. Und für Syrien macht ja auch keiner eine Mahnwache!“ oder auch „wenn in Palästina, Syrien, etc. etwas passiert, dann juckt es keinen Menschen, aber mal passiert was in Europa und wir müssen uns alle schämen und uns von etwas distanzieren.“

Meine Meinung, wieso es wichtig ist, Stellung zu beziehen bei solchen Ereignissen, genau eben dann, wenn sie in Europa passieren:

Mein Vater bat mich einen Tag nach dem Anschlag abends für die nächsten Tage nicht mehr alleine raus zu gehen, vorsichtig zu sein, ihn öfter anzurufen – ich wohne und lebe allein und er mache sich Sorgen, dass der Hass der Bevölkerung auch seine Tochter treffen könnte.
Und das, genau das ist der Grund, wieso ich heute bei der Mahnwache für Paris mit dabei stand – damit die Bevölkerung weder gegen mich oder meinen Vater noch gegen irgendeinen anderen Muslim Hass entwickelt und klar zwischen den Attentätern und uns differenzieren kann.

Es betrifft uns, wenn in Europa etwas geschieht und „“Muslime“ sich zu diesen schrecklichen Taten bekennen. Natürlich haben Hass, Terror und Mord nichts mit der Barmherzigkeit des Islams zutun, dennoch ist es nun mal so, dass diese Menschen die diese Taten ausüben angeben, dass sie das im Namen des Islam tun.

Und wir müssen deshalb dagegen stehen. Wir müssen mit unserer Anteilnahme, mit unserem Mitgefühl und unserer Liebe und Barmherzigkeit zeigen, dass die Mehrheit der Muslime weder so denkt, so fühlt oder so lebt wie die Menschen, die solche Taten verüben.

Ein Terroranschlag im Nahen Osten betrifft mich selbstverständlich auch. Jeder Terroranschlag, egal wo auf der Welt betrifft und trifft mich! Ich bin ein Mensch! Ich bin eine Muslima und weil ich Muslima bin, stehe ich gegen Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Leid, egal wo und an wem sie verübt wird.

Aber die Dawa, die Einladung zum Guten und auch die Pflicht eines jeden Muslims, den Islam so darzustellen wie er im Innersten seines Seins ist -und das ist Liebe, Vergebung und Zusammenhalt- muss ich als europäische Muslima erst einmal in meinem eigenen Land – Deutschland, bei meinen eigenen Nachbarn –Frankreich verbreiten! Das entnehme ich dem Beispiel des Propheten Muhammed (s) der sich nach der Offenbarung erst an seine engsten Kreise richtete und sich jahrelang auf seine Stadt konzentriert hatte.

Ich lebe hier, meine Großeltern haben hier gelebt, meine Eltern leben hier und ich möchte, dass auch noch meine Kinder hier leben werden. Und damit Diese ein Teil dieser Gesellschaft werden können und durch Taten von kranken Menschen nicht in der Gesellschaft benachteiligt oder diskriminiert werden, muss ich heute etwas tun. Ich muss zeigen, dass auch ich ein Teil der Gesellschaft, ein Teil der Bevölkerung bin und das alles, was Deutschland und Europa betrifft und trifft ebenso mich betrifft und trifft!

Es passiert viel Ungerechtigkeit auf der Welt und es stimmt ja – auch Muslime leiden. Sehr vielen Menschen in muslimischen Ländern sind Anschläge schon zum traurigen und leidvollen Alltag geworden und jeder Mensch, der seine Menschlichkeit nicht hat im Egoismus ertrinken lassen bewegt das mit Sicherheit sehr. Ich will gar nicht abstreiten was es für schlimme Taten aus allen Seiten der Welt gibt, auch von der ach so zivilisierten Elite dieser Welt,

doch wenn ich heute in der Stadt angespuckt wurde und mit „Kopftuchhure, ihr bringt nur Unheil“ beleidigt wurde, wenn mein kleiner Bruder für einen Ausbildungsplatz seinen Bart abrasieren soll, da das „zu „terroristisch“ wirke und ich mit meinem Kopftuch erst gar keine Chance auf einen Platz bekomme, wenn Moscheen in Deutschland und/oder Frankreich zu gemacht werden sollen, wenn Muslime unter Generalverdacht stehen, wenn Politiker den Mut haben ein Ausgehverbot für Muslime zu fordern, dann liegt das nicht an den Anschlägen in Syrien, Palästina oder sonst wo, sondern an denen in Europa, in Paris.

Ich wünsche den Familien der Opfer viel Geduld und Kraft und unserer Gesellschaft den Mut und die Ausdauer, auch das in Frieden und Zusammenhalt zu überstehen!

 

mahnwache_kaKarlsruhe Schlossplatz, Mahnwache für Paris, 16.11.2015

 

 

Warum spreche ich nicht çok gut Türkçe?

Ich legte mich in mein Bett. In meinem Kopf kreiste ständig ein Koran-Vers. Ich beschloss aufzustehen, meine Erläuterungen des Korans von meinen Lieblings-Kommentatoren rauszuziehen und mich näher mit diesem Vers zu beschäftigen. Darüber wollte ich eigentlich auch schreiben. 

Eines der beiden Kommentatoren hat seine Erläuterung auf Türkisch geschrieben. Ich las seine Zeilen (die auf türkisch geschrieben sind), um merkte wieder, wie sehr ich mich anstrengen muss, um sie zu verstehen. Zugegeben, er hat ein sehr hohes Niveau an Sprache, aber dennoch.

Immer wenn ich Türkisch lese fühle ich mich wie in der 3. Klasse,  wenn man erst seit 1-2 Jahren lesen kann und sich noch in Geduld und Übung üben muss. Dann muss ich mich bei Texten deren Niveau höher sind immer richtig anstrengen. Wenn mir Menschen begegnen von denen ich weiß, dass sie nur Türkisch sprechen können gerate ich in Panik. Dass ich nun nur Türkisch sprechen muss, kein Gemisch aus Türkisch und Deutsch machen kann damit man mich besser versteht und auch nicht auf Deutsch gehen kann, wenn mir das alles zu anstrengend wird setzt mich unter Druck. 

Dabei liebe ich es Türkisch zu sprechen! Wenn ich Türkisch spreche, nehme ich mich selbst klarer wahr. Ich nehme meine Stimme, meine Gestiken wahr. Ich nehme mein Gegenüber viel präziser wahr. Ich rede nicht einfach daher, sondern denke. Ich habe das Gefühl, dass ich mit mir zufrieden sein kann, wenn ich Türkisch spreche. Ich fühle mich manchmal sogar etwas wohler, beheimateter, wenn es das Wort so gibt. Ich sehe und höre mich selbst, wenn ich Türkisch spreche. 

Vor langer Zeit hatte ich einen Text darüber geschrieben, dass Deutsch meine Herzenssprache ist. Wahrscheinlich ist  das heute noch so?! Aber dennoch bin ich traurig, wenn ich an meine Türkischkenntnisse denke. 

Wieso hat mein Vater eigentlich nur Deutsch mit uns gesprochen? Ich finde es zwar gut, dass wir immer in deutschsprachigen Kreisen groß geworden sind – vor allem wenn es um den Glauben ging, doch fehlt mir nun das Türkisch in meiner Kindheit. 

In der Uni habe ich gelernt, dass das Kind eine Sprache perfekt erlernen muss um mit dieser die Basis für alle anderen Sprachen zu bilden. Welche Sprache das ist, ist erstmal egal. Denn das Kind entwickelt später seine eigene „Dominanzsprache“, also die Sprache, für die es sich „entscheidet“, und das ist bei den meisten Kindern sowieso die deutsche Sprache. Ich wünschte mir, dass meine Eltern nur Türkisch mit uns gesprochen hätten und das heute noch tun würden. Selbst meine Mutter, deren Deutsch nicht perfekt ist, spricht nun Deutsch mit uns – wieso?!

Ich könnte jetzt all die Bücher die ich in Türkisch besitze so leicht lesen wie ich die deutschsprachigen Bücher lese. Ich könnte mich problemlos mit der Oma von nebenan unterhalten, die nur Türkisch spricht, ohne vorher in Panik zu geraten.

Ich könnte türkische Texte auf meinem Blog verfassen.

Wir Deutschländischen Kinder (die, die in Dtland. leben werden in der Türkei  nicht als Türken sondern als Deutschländer „akzeptiert“) nehmen Sprache ganz anders wahr habe ich manchmal das Gefühl. Allein wie wir reden, das Gemisch das wir herstellen, welche Sprache wir wann mit wem wo sprechen usw.. Das alles sind Zeichen, dass wir das Türkische in uns vielleicht doch nicht ganz abgelegt haben? Und auch nicht ablegen werden? Das ist doch ok so!

Naja – chaotisch, dieser Text ist chaotisch, vielleicht weil er sehr persönlich ist und sehr durcheinander – weil ich gerade durcheinander bin. Bitte – nicht noch eine Identitätskrise! 

Ich möchte abschließen mit einem Zitat meiner lieben Freundin Beyza, welchen sie schrieb als es um die „Fremde/Gurbet“ ging: 

Biz nereye gitsek heimatlos olduğumuz için hep gurbetciyiz. Bu kahri çekmek bizim işimiz.

(in etwa: Egal wohin wir gehen, weil wir heimatlos sind, sind wir immer in der Fremde. Diese Trauer zu leben ist unsere Arbeit)

Ist es nicht interessant, dass sie ausgerechnet das Wort „heimatlos“ auf Deutsch schrieb?