Deutschland, willkommen in der pluralen Welt.

2015 Bundesverfassungsgericht Karlsruhe: Das Gericht revidiert die Kopftuchverbote die seit seinem Urteil 2003 in den meisten Bundesländer herrschen. In der Pressemitteilung schreiben sie:

„Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass ein pauschales Verbot religiöser Bekundungen in öffentlichen Schulen durch das äußere Erscheinungsbild von Pädagoginnen und Pädagogen mit deren Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) nicht vereinbar ist.“ (Bundesverfassungsgericht.de {13.03.2015})

Überall lese ich davon. Alle Zeitungen schreiben darüber. Alle klatschen sich in die Hände und teilen die „freudige Botschaft“.

Doch irgendetwas stimmt nicht.

Ich finde diese Entwicklung selbstverständlich toll. Ich freue mich für all die muslimischen Frauen, die dem Druck standgehalten haben und das Tuch nicht abgesetzt haben, sich auf Gott verlassen haben. Doch verstehe ich die ganze Aufruhe nicht.

Malcolm X schrieb in seiner Autobiografie sinngemäß, dass er nicht verstehe, wieso man sich mit minimalen „Fortschritten“ zufrieden gebe obwohl doch jeder wüsste, dass das das Recht eines Bürgers sei. Wieso müssten alle sofort „Halleluja jauchzen“ wenn sie ein winziges Stück ihrer Rechte zugesprochen bekämen. (vgl. Malcolm X 1964, S.285)
Und heute empfinde ich es genau so, wie er das damals empfunden hatte, als man von einem großen Fortschritt redete, weil zehn „Schwarze“ nun in einer Fabrik mit „Weißen“ arbeiten durften.

Ein Teil dieses Landes klatscht sich in die Hände, tanzt Freudentänze weil sie ein Stück ihrer Rechte bekommen? Damit lassen wir uns abwimmeln? Und wir sollten doch dankbar sein heißt es, dass wir überhaupt studieren dürften. Wenn wir in „unseren Ländern“ wären, wäre das als Frau gar nicht möglich, sagen jene, die noch nicht begriffen haben das unser Land ebenso Deutschland ist.

Wieso meine Freude sich in Grenzen hält? Elf Jahre. ELF Jahre hat UNSER gemeinsames Deutschland gebraucht um sein eigenes Grundgesetz zu erkennen? Elf Jahre hat Deutschland gebraucht um seinen eigenen Bürgerinnen ihr Recht wieder zu geben?

Dieses Gesetz hätte es in unserem Deutschland gar nicht geben dürfen. Nicht geben sollen. Die Revidierung des Gesetzes aus 2003 ist kein Geschenk, das uns gemacht wurde. Es ist auch kein Entgegenkommen, für welches wir Tänze tanzen müssen.

Unser Deutschland hat am 13. März 2015 mit der Aufhebung des pauschalen Kopftuchverbots für Lehrerinnen nur seine Pflicht erfüllt.

Ich sage: Deutschland, heute bist du angekommen in der pluralen Welt. Herzlich Willkommen! Wir haben lange auf dich gewartet. Und herzlichen Glückwunsch an all die muslimischen Frauen mit Tuch – ich freue mich für euch. 

ChancenUNgleichheit.

Eine Nachricht an die Bildungspolitik(erInnen): Ihr seid sch…lecht!

Da muss man sich mit jungen Jahren, wo man doch sowieso durch die dreckige Gesellschaft soviel zutun hat, ein Semester lang von Amt zu Amt schlagen um ein bisschen Ausbildungsförderung zu bekommen und es klappt einfach nicht!

Da wunder man sich dann, wieso Jugendliche mit Migrationshintergrund und aus sozial schwachen Familien nicht den gleichen Bildungsstand haben, wie Jugendliche ohne.
Ganz einfach: weil ihr mit euren widerlichen Regelungen und ChancenUNgleichheiten die man immer und überall spürt, es diesen Menschen nicht einfach macht, sondern viel schwerer als es sonst schon ist. Und ihr seid ihnen auch keine Hilfe sondern eine Last und eine Erschwernis!
Danke, dass ihr die Schere der ChancenUNgleichheit immer mehr trennt und auseinander reißt. Eure Gesellschaft wird es euch danken!

Unverschämt, dass in solch einer Gesellschaft und in so einem Land noch Leute darüber nachdenken müssen, ihr Studium abzubrechen, weil sie es einfach nicht finanzieren können. Und dann in allem möglichen Shows und Runden so tun als sei man die Spitze des Guten!

Doch lieber steckt man das Geld in Waffen, Kriege, Banken und in die Wirtschaft, statt in die Bildung, die Gesellschaft, Familien und anderen viel wichtigeren Dinge!

Als sei Bildung nur etwas für Reiche?! Wo bleibt die Unterstützung? Wo die Treue zum Grundgesetz? Wo die Einhaltungen der ganzen Versprechen?!

Ich möchte euch nochmal sehr gerne an euer Grundgesetz erinnern. Scheint als wäre es irgendwie in Vergessenheit geraten!

Im Artikel 3 Absatz 3 des deutschen Grundgesetzes heißt es: „Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Dies sollte ebenso für die soziale Herkunft gelten!