Kommunikation und Selbstdisziplin.

Egal welches Problem ich mit wem auch immer bespreche, als Lösungsvorschlag kommt immer das große Wort: Kommunikation. Tatsächlich habe ich mich lange, viele Jahre damit auseinander gesetzt. Wie kommuniziert man „richtig“? Wie kann ich etwas so formulieren, dass das was ich sagen will bei meinem Gegenüber ankommt ohne dass mein Gegenüber verletzt wird. „Ich-Botschaften“, „aktives Zuhören“ etc. etc. All diese Sachen habe ich nur zu oft gehört. – und versucht sie zu verinnerlichen.

In einem Gespräch ist es kein aktives Überlegen und danach Handeln mehr – das richtige Kommunizieren ist mir auf eine Bewusstseinsebene gelangt, so dass es einfach die Art und Weise ist, wie ich kommuniziere. Und genau deswegen achte ich sehr darauf, wie andere es tun.

Wenn man ein aktiver Mensch ist, hat man immer wieder mit allen möglichen Menschen zu tun. Sehr verschiedene, mit verschiedenen und unterschiedlichen Charakterzügen, doch ein gewisses Maß an Respekt und Wertschätzung ist für mich immer die Mindestvoraussetzung dafür, dass ich mit jemanden kommunizieren und arbeiten kann, bzw. möchte. Leider aber kommt es nicht allzu selten vor, dass Menschen, die auf großen Bühnen stehen und sich als „AktivistInnen“ bezeichnen, keinen Anstand und keinerlei Feingefühl haben, was das Soziale und das damit verbundene „Miteinander sprechen“ anbelangt. In letzter Zeit ist es mir nur all zu oft passiert, dass ich mit offenem Mund am Telefon oder in einem Meeting war, und nicht realisieren konnte, wie Menschen, die von sich behaupten für eine bessere Welt sorgen zu wollen, so miteinander umgehen können.

Ich erinnere mich da an eine Geschichte, die ich oft gehört habe. Ein großer König möchte mit seinem Heer in die Schlacht ziehen. Und der große König wir unterrichtet und ist der Liebling eines Meisters, der weltweit bekannt ist und der allwissende unter den Wissenden ist. Als der König sich mit seinem Heer absprach ob sie die Schlacht lieber in Ort A oder Ort B abhalten sollen, stimmte er selbst für Ort A. Die Mehrheit des Heers war jedoch für B. Und da dieser König demokratisch in diesen Dingen vorging akzeptierte er die Entscheidung seiner Leute. Später kamen diese und sagten, sie seien auch bereit in Ort A zu kämpfen doch er antwortete „wenn ein König seine Rüstung für eine Schlacht angelegt hat, legt er sie nicht mehr ab“.

Sie verloren die Schlacht, wegen vielen Fehlern die das Heer gemacht hat, unter anderem aber auch, weil sie den Nutzen aus Ort A, für den der König war nicht ziehen konnten. Der König verlor in dieser Schlacht 70 seiner liebsten Leute, darunter seinen liebsten Onkel, und auch er selbst wurde schwer verletzt.

Nach der Schlacht, kurz bevor er zu seinem Heer sprechen sollte kam sein Meister zu ihm. Der Meister, der ihn lehrte die beste Version von sich selbst zu sein, ihn unterrichtete in Liebe und in Barmherzigkeit – und trug ihm auf, auch so mit seinem Heer umzugehen. So also sprach der König zu seinem Heer und den Menschen, die all diese Fehler in der Schlacht machten keine bösen oder verletzenden Worte, er war milde mit ihnen.

Denn der Meister, er sagte: Und in Anbetracht der Barmherzigkeit Gottes warst du mild zu ihnen; wärst du aber rauh und harten Herzens gewesen, so wären sie dir davongelaufen. Darum vergib ihnen und bitte für sie um Verzeihung und ziehe sie in der Sache zu Rate; und wenn du entschlossen bist, dann vertrau auf Gott; denn wahrlich, Gott liebt diejenigen, die auf Ihn vertrauen.           [3:159]

Stellt euch vor: jemand ist verantwortlich dafür, dass ihr 70 eurer Liebsten und dazu noch euren Onkel verliert, und ihr schafft er solch eine Selbstdisziplin und einen edlen Charakter an den Tag zu legen, diese Menschen nicht zur Sau zu machen. Ich für meinen Teil würde sie glaube ich von einer Wand an die andere klatschen. Ein Mensch, der sich in solch einer Situation beherrschen kann, Herr über sich selbst sein kann, und mit seinen Worten gezügelt umgehen kann, was für ein Mensch ist das?

Ich denke immer an diese Geschichte, wenn mir danach ist einen Menschen eben von Wand zu Wand zu klatschen, aber auch, wenn Menschen mich von Wand zu Wand klatschen und sich selbst als „Weltverbesserer“ und „Statthalter auf Erden“ sehen.

Wahre Tugend bedeutet, sich in Zeiten in denen es unmöglich scheint zusammenreißen zu können und niemanden zu verletzen.

Ich ziehe für mich 3 Lehren aus dieser Geschichte:

Eine demokratisch getroffene Entscheidung muss respektiert werden. Dazu gehört auch, die eventuellen Konsequenzen zu tragen.

  • Der Mensch ist zu so viel mehr Selbstdisziplin in der Lage, als er denkt.
  • Und zu Letzt: das milde Wort wiegt mehr als das raue Wort und wird dazu führen, dass man Menschen, die bereit sind mit einem zu kämpfen, nicht verliert.

Das Gift des Nichtstun.

Ohne mich selbst loben zu wollen, (davor fürchte ich mich) kann ich sagen, dass ich seit vielen Jahren ein aktiver Mensch bin. Ich versuche viel zu tun. Bin in Vereinen, Organisationen etc. aktiv und versuche mich so gut es geht für das Gute einzusetzen. Seien es kleine Dinge, die keiner sieht wie Stunden lang am Eingang einer Jugendherberge auf den Lieferanten der gespendeten Würstchen zu warten oder sichtbar auf einer Bühne stehen und etwas moderieren oder ähnliches. 

Ich hatte immer ein Gefühl der Erfüllung in mir, wenn ich was tat, wenn ich was tun konnte. Wenn ich dem Fortschritt der Gemeinschaft und der Gesellschaft etwas beitragen konnte. 

Ich kenne Menschen, die es genießen  Tage lang nichts zu tun. Solche Zeiten gab es bei mir – dem Herrn sei Dank – selten. Doch die letzen zwei Wochen habe ich wegen persönlicher Umstände einen krassen Cut in meinem Leben durchlebt bzw. durchlebe ihn immer noch. 

Von den meisten Aktivitätsmöglichkeiten, die ich hatte und in die ich fest involviert war, bin ich nun örtlich zu weit weg, so dass die Dinge so einfach nicht mehr zu machen sind. Seit zwei Wochen in etwa sitze ich da, in einer Phase meines Lebens, in der Andere möglicherweise Abstand und Ruhe von Menschen und Arbeit genießen würden. 

Ich merke nur, wie ich das „TUN“ vermisse. Wie das „TUN“ mir selbst gut tat, und wie es mir jetzt nicht gut tut, nichts zu tun. Nichtstun fühlt sich für mich wie ein Gift an, dass sich in dich setzt und tatsächlich lähmt. 

All die vielen Zitate großer Denker, all die Worte von großen Menschen meines Herzens, all die Koranverse  über das „TUN“ – jetzt ergeben sie Sinn. Nie, wenn wir etwas tun, tun wir es für andere. Wir tun es immer für uns selbst. Wir tun es, damit wir uns selbst und andere schätzen und respektieren lernen. Wir tun es damit wir ruhig schlafen können. Wir tun es damit unsere Seele das Gefühl von Erfüllung erlangt. Denn der Mensch der „tut“, verändert im Endeffekt die Welt. 

Selten weiß ich nicht, wieso ich einen Text schreibe oder was ich überhaupt damit sagen möchte. Selten ist ein Text so, auf diese Art und Weise persönlich. Ich möchte nur eine Geschichte erzählen, mit dieser abschließen, hoffen und beten, dass auch ich, in naher naher Zukunft wieder etwas zu Tun finde/bekomme/habe, und andere zum aktiven Tun motivieren kann. 

Die Geschichte des Propheten Ayyoub/Hiob kennen sicher viele von uns. Ayyoub a.s. wurde auf eine Art und Weise geprüft, wie vielleicht kein anderer. Irgendwann, richtet er sich an den Herrn, in Mühsal und Leiden erstickend und spricht sein Leiden aus:

„Und erinnere dich an unseren Diener Hiob, (wie es war) als er zu seinem Erhalter rief: „Siehe, Satan hat mich mit völliger Mühsal und Leiden heimgesucht.“ 

Der Prophet ist so am Ende. Im Türkischen wird „Mühsal“ als „bitiş noktası“ beschrieben. Der Punkt, an dem man am Ende angelangt ist. Leiden wird als „Azab“beschrieben. Azab bedeutet „allein-sein, niemanden haben, dass Gott dir den Rücken zugewendet hat“. An diesem Punkt war Ayyoub a.s. angelangt und rief sein Leiden dem Herrn zu. Der Herr antwortet: 

„(und ihm daraufhin geantwortet wurde: „Schlage mit deinem Fuß (auf den Boden): hier ist kühles Wasser zum Waschen und zum Trinken.“ 

Es ist einfach nur krass. Einfach nur viel zu krass. Gott spricht nicht von Mitleid, Gott zieht seine Prüfungen nicht zurück. Gott sagt ihm, er solle aufstehen, sich aus der Situation lösen, auf den Boden schlagen. „Schlag mit deinem Fuß“ – tu etwas, bewege dich, lieg nicht da und bemitleide dich nicht selbst! Wasch dich und trinke Wasser und mach weiter. Kennt ihr diese Menschen, die einem sagen man solle sich das Gesicht waschen und ein Glas Wasser trinken, wenn etwas Schlimmes passiert ist oder man erschöpft ist? Genau das sagt Gott zu Ayyoub. Raff dich auf, lese ich in diesen Zeilen. Raff dich auf und „TU“ etwas! Denn am Ende des Tuns ist Erfolg und Zufriedenheit. 

„Und wir erteilten ihm neue Nachkommenschaft und verdoppelten die Zahl als ein Akt der Gnade von Uns und als eine Erinnerung an alle, die mit Einsicht versehen sind.“

Wenn das Tun uns von der Schlimmsten Lage unseres Lebens befreien kann, wie kann es noch Menschen geben, die das Nichtstun preisen? 

 

Ich wünsche allen Fastenden einen gesegneten Monat mit viel Liebe, Licht, Einsicht und vielen Aktivitäten. Ich wünsche mir, dass das Tun nicht lang auf sich warten lässt, dass ich nicht lange auf mich warten lasse! 

 

Glauben oder nicht glauben – das ist hier die Frage.

Ich stehe vor etwa 10 Jugendlichen und spreche, ‚halte einen Vortrag’. Ich merke plötzlich, wie ich die Personen nicht mehr richtig wahrnehmen.
Ich spreche nur noch vertieft über das, wofür ich hier bin, über das, wofür ich mich tagelang vorbereitet habe.
Ich habe das Gefühl, dass ich abhebe, ich trete weg, ich tauche ein.
Ich bin so vertieft in die von mir ausgesprochenen Worte; ich merke nicht mehr, dass ich zu jemandem spreche, dass ich spreche, ich fühle, als ob mein Geist zuhört, als ob zu mir, zu mir – in das Innerste des Ichs gesprochen wird.

Gott spricht im Koran: „Und sag: (Es ist) die Wahrheit von eurem Herrn. Wer nun will, der soll glauben, und wer will, der soll ungläubig sein.“ (18:29)

Ich spreche in etwa: Gott sagt euch, wie wir gesehen haben, eindeutig, unmissverständlich, offen und klar: Ich bin dein Freund, ich bin dein Helfer, ich bin dein Verwalter, dein Beschützer, deine Heilung, dein Trost, deine Vergebung, deine Hoffnung, dein Begleiter, der, der dich liebt, ich bin dein Zuhörer, ich bin dein Beobachter! Ich bin da! Ich bin immer da, du brauchst mich nur rufen und ich höre dich. Ich bin da! Ich bin hier!

Und er sagt aber auch, wenn du willst, dann glaube daran, wenn du aber nicht willst, dann lasse es. Dann bleib wie du bist, bleib wer du bist, bleib! Ich gebe dir diesen freien Willen. Du kannst ihn nutzen wie du möchtest.

Ich merke wie meine Stimme kurz versagt, wie ich dann aufatme, nach dem ich die Luft angehalten hatte, wieder in der Realität ankomme. Ich muss meine beiden Beine noch einmal neu positionieren, mir einen festen Stand, „mit beiden Beinen fest auf dem Boden“ gewährleisten. Ich merke, wie meine Augen mit Tränen gefüllt sind. Und meine SchülerInnen mich anstarren.

Der Moment der Verinnerlichung, der Moment, wenn etwas vom Verstand in das Herz übergeht – so fühlt es sich also an. Lange ist es her.

Fang jetzt ja nicht an zu weinen, Esim! Achte auf deine Stimme. Räuspere, achte auf deine Haltung!, denke ich mir.

Dann bin ich wieder da, in der Realität.

Es liegt in unserer Hand, sage ich ruhig, abschließend, aber dennoch eindringlich, ob wir aus dem was Gott uns gibt, und aus dem was Gott uns sagt was, wer, wie er ist -vor allem für uns, vor allem für dich! Jeden einzelnen – etwas machen wollen.

Er gibt uns einen freien Willen, wie wahrscheinlich kein anderer. Er gibt uns einen freien Willen in einer absoluten Frage, in der Frage der Fragen, in der Antwort der Antworten, in dem Leben und dem Tod – glauben oder nicht glauben?

 

 

(Nachtrag: dieser Text erhebt keinen wissenschaftlichen und schon gar nicht theologischen Anspruch. Er ist aus einer bloßen Empfindung entstanden.)

„Komm nur, ja komm nur, wer immer Du bist.“

Ich war schon auf einigen Anti-Pegida-Demonstrationen. Einige Male um zu beobachten, andere Male um mit zu laufen und einmal stand ich sogar da, und habe laut mit gepfiffen und gerufen. Doch jedes Mal, wenn ich den Platz verließ, habe ich mich gefragt, was das denn nun gebracht hat?

Die Pegida demonstriert immer noch, die Anti-Leute ebenso. Und man kommt einfach nicht auf einen Nenner. Oft habe ich mit Mit-Demonstranten darüber diskutiert, was man wirklich machen könnte, um die Gedanken der Gegenseite zu ändern, sie „aufzuklären“. Allein mit „Nazis raus!“ Rufen wird das sicherlich nichts.

Heute Morgen habe ich einen Artikel gelesen, der mir eine Antwort auf meine Frage zu geben scheint.

In Phoenix, USA organisierten einige Menschen eine „Anti-Islam Demo“. Die „Demonstranten“ waren mit T-Shirts bekleidet, die mit beleidigenden und rassistischen Sprüchen bedruckt waren und einige „Demonstranten“ waren sogar bewaffnet.

In der Nähe des Demonstrationsortes befand sich eine Moschee. (Scheinbar haben sie gegen die Moschee demonstriert). Die Reaktion der Moscheebesucher war eine Einmalige. Sie nutzen diese negative Stimmung, um etwas Positives zu tun und luden die Demonstranten in die Moschee ein, um ihre Fragen zum Islam und den Muslimen zu beantworten. Zwei Demonstranten nutzen diese Gelegenheit und berichteten später, dass sie danach ein komplett anderes Bild von der Religion und den Muslimen hätten, dadurch, dass sie das erste Mal in direkten Kontakt getreten sind. Die Moscheebesucher hätten all ihre Fragen beantwortet, und sie hätten erkannt, dass ihr Hass, ihre Angst und ihr Unmut unbegründet seien. Die beleidigenden T-shirts gegenüber den Muslimen würden sie sicherlich nicht wieder tragen, fügten sie noch hinzu.

Seit ich ein Kind bin wird mir die Geschichte erzählt, von einer Begebenheit des Propheten (s) und seinem jüdischen Nachbarn, der ihm immer seinen Müll vor die Tür warf. Der Prophet (s) erhob nie seine Stimme oder warf den Müll zurück. Er entsorgte den Müll jedes Mal. Als eines Tages kein Müll vor seiner Tür lag, fragte er den Sohn des Nachbarn, ob es seinem Vater gut ginge. Der Sohn meinte, sein Vater lege krank im Bett. Daraufhin besuchte der Prophet (s) seinen jüdischen Nachbarn, der zuvor Tage lang Müll vor seine Tür legte, um ihm gute Besserung zu wünschen.

Das ist die Art und Weise, in der Muslime und Menschen mit gutem Charakter handeln sollten, wenn sie Menschen begegnen, die ihnen mit Hass oder Unmut entgegen treten. 

Im Koran heißt es sinngemäß: „Euch euer Glaube, mir mein Glaube.“ (109:6). Oft wird dieser Vers als Abgrenzungslegitimation genommen. Ich sehe aber viel mehr in diesem Vers, nämlich eine Aufforderung zur Toleranz und Akzeptanz jenen gegenüber, die nicht das Selbe glauben (möchten) wie man selbst. Jedem das Seine, wie man so schön sagt.

Der Prophet (s) selbst wird im Koran als „Barmherzigkeit für alle Welten“ (21:107) beschrieben. Wenn der Prophet (s) das Vorbild eines jeden gläubigen Muslims ist, ist dann die Barmherzigkeit und die Liebe nicht eine Pflicht jedes Muslims?

Vielleicht liegt die Antwort auf die Frage des Hasses in der Barmherzigkeit, mit welcher wir Menschen begegnen sollten, die es eventuell nicht besser wissen?!…

Komm nur, ja komm nur, wer immer du bist. Rumi

Vom Lästern & rohem Fleisch.

Jeder kennt es: man hört, dass was über einen geredet wird. Man weiß, dass es absolut nicht der Wahrheit entspricht, und wenn doch, dann ist es einem unangenehm.
Jeder kennt es, es macht Spaß hier und da mal über jemanden zu reden den man nicht besonders mag. Das tut gut. Man findet Bestätigung bei anderen.
Jeder kennt es, dann wird dir erzählt, was deine nächsten über dich so reden. Welch Lügen sie verbreiten. Und du immer geschwiegen hast um ihre Fehler zu verdecken und dir nur denkst – warum?

Die Frage stelle ich mir heute mehr als an anderen Tagen. Wieso reden Menschen über andere Menschen. Wieso ist das Lästern, das Vorwerfen (auf trk. Iftira) einer schlechten Sache die eigentlich nicht stimmt so in den Menschen verankert. Und mir fällt mit der Zeit auf, dass es falsch ist diese Angewohnheiten nur auf bestimmte Menschen zu schieben. Jeder tut es. Frau. Mann. Gläubig. Weniger gläubig.

Doch schockt es mir immer wieder mehr, wenn ich gläubige Menschen dabei erwische und noch mehr mich selbst.

Sagt Allah taala im Koran nicht etwa:

„O ihr, die ihr glaubt! Vermeidet häufigen Argwohn; denn mancher Argwohn ist Sünde. Und spioniert nicht und führt keine üble Nachrede übereinander. Würde wohl einer von euch gerne das Fleisch seines toten Bruders essen? Sicher würdet ihr es verabscheuen. So fürchtet Allah. Wahrlich, Allah ist Gnädig, Barmherzig.“ (49:12)

Er spricht davon, dass Argwohn Sünde sein kann! Und er sagt klar und deutlich, dass sich die Menschen nicht gegenseitig spionieren sollen und nicht üble Nachrede übereinander führen sollen. Er vergleicht die üble Nachrede mit dem Essen vom Fleisch seines toten Bruders. Ist das nicht eine widerliche Vorstellung? Wenn wir uns bildlich vorstellen, wie wir vom toten Fleisch unseres Bruders, unserer Schwester essen ? Wem kommt es da nicht hoch?

Muhammad Rassoul schreibt  in seinem Tafsir unter anderem dazu:

„Argwohn, Spionieren und üble Nachrede gehören zusammen als Faktor, der unvermeidlich die Brüderlichkeit unter den Gläubigen zerstört und das friedliche Zusammenleben unter ihnen beeinträchtigt.“ (M0hammed Ibn Ahmad Ibn Rassoul 2008) {Hervorhebungen durch mich}

Hieraus kann man eindeutig die Folgen solcher Dinge raus lesen.

Auf die Frage was denn üble Nachrede ist, gibt es eine Überlieferung:

Der Gesandte Allahs (saw*) erklärte Folgendes: ,,Wisst ihr was üble Nachrede ist? Wenn jemand über einen seiner Glaubensgeschwister etwas sagt, das ihm nicht gefallen würde.” (Abu Dawud)

So sollte man bei jedem Wort welches man über einen anderen Menschen sagt abwägen was die Person darüber denken würde, dass man es sagt. Also ist üble Nachrede alles, was man von sich selbst nicht sagen würde und auch nicht möchte, dass es über einen selbst gesagt wird.

Ich frage mich weiterhin – wieso? Wieso reden Menschen soviel über andere Menschen?
Ist es das, dass man sich durch das Schlecht- Reden einiger Personen selbst abheben möchte? Den Rang in der Gesellschaft, in der eigenen kleinen Community erhöhen möchte? Ist es der Neid, von dem der Prophet saw. sinngemäß sagte, dass der Neid den Menschen zerfrisst, sowie das Feuer das Holz zerfrisst? Ist es der Wunsch, die eigenen Fehler nicht begangen zu haben, von diesen abzulenken in dem man auf andere Menschen lenkt?
Wieso lästern Menschen wenn sie wissen, dass es anderen Menschen weh tun wird? Wieso möchten die Menschen, dass man über einen anderen schlecht denkt?

Die Zunge ist solch eine gefährliche Sache.

Abu Huraira (r) überliefert, dass man den Gesandten Allahs (saw) fragte:
”Welche Taten führen den Menschen meistens ins Paradies?”
Er (saw) antwortete: ”Gottesfurcht und gutes Benehmen.”
Man fragte ihn (saw) weiter:
”Und welche Taten führen den Menschen meistens in das Höllenfeuer?”
Daraufhin antwortete er (saw):
”Die mit dem Mund und den Geschlechtsteilen begangenen.”
(At-Tirmidhi)

Die Taten also, die mit dem Mund begangen werden können den Menschen in ewiges Seelenleiden bringen. Ist das nicht erschreckend? Ist das nicht erschreckend in Anbetracht dessen, dass jeder Muslim und jede Muslima mindestens ein Mal den oben aufgeführten Vers gehört hat? Als kleines Kind hatte ich ihn zum ersten Mal von meinen Eltern ans Herz gelegt bekommen. Und ich glaube, ich war nicht das einzige Kind.
„Würde wohl einer von euch gerne das Fleisch seines toten Bruders essen?“ Welch’ eine grausame Vorstellung. Welch’ ein einprägender Vergleich.

Auch in der Bibel ist das sinnlose Reden aufgeführt. Und ebenso wie im Koran wird davon abgeraten.

„Lasst kein faules Geschwätz aus eurem Mund gehen, sondern redet, was gut ist, was erbaut und was notwendig ist, damit es Segen bringe denen, die es hören.“ (Bibel: Epheser. 4,29)

„Faules Geschwätz.“ – das trifft es!

Ich wünsche mir, dass wir nicht nur den Glauben (egal welchen) leben um als Gläubige wahrgenommen zu werden, sondern um Gottes Willen. Ich wünsche mir, dass diese Verse und Aussagen sich in die Herzen, die Seelen und die Geister der Menschen tief tief verankern. Und als erstes in meine. Ich wünsche mir, dass die Menschen von ihrem Neid los lassen lernen. Das zerstört nur einen im Inneren selbst und tut anderen auch nicht besonders gut. Ich wünsche mir so sehr, dass wir den Menschen  das wünschen können, was wir uns selbst wünschen. Denn sonst sind wir keine Gläubigen, wie der Prophet saw. es einmal sagte.

(*saw. = Abkürzung für sallalahu aleyhi wasallam – Möge Allahs Segen und Frieden auf Ihm sein.
Beitragsbildquelle: Hamburger Abendblatt)

Mein Hoca hat gesagt.

Es ist eine gemütliche Runde. Ich bin zum ersten Mal hier. Mein Vater ist dabei.
Eine muslimische Runde.

Ich esse, trinke Kaffee und lausche den Gesprächen der Frauen an meinem Tisch, wobei ich mir insgeheim wünsche am Tisch meines Vaters zu sitzen, da es dort sicher viel spannendere Themen gibt, und es eher eine Art respektvoller Fight ist, als das Monotobie der Frauenrunde.

Dann höre ich den Satz: „Mein Hoca hat gesagt…’ und bin wieder mit der Aufmerksamkeit voll bei meinem Tisch. Zwischenzeitlich wurde auf den Satz geantwortet und dann noch mal, aber mit Nachdruck wiederholt: ‘Aber das hat der Hoca gesagt, das hat er gesagt, das muss man können!’
Dabei ist ihre Miene ernst und erinnere mich daran wie meine Oma aussieht, wenn sie mich ermahnt – mit einer ernsten Miene und passenden, ernstem Nicken.

Und plötzlich bin ich wieder in der Vergangenheit. In der Türkei wo ich noch vor paar Wochen erst war.

Eines Abends saßen wir dort mit der Familie zusammen. Alle waren versammelt und waren in Aufruhr. Alle redeten durcheinander und versuchten sich gegenseitig von ihrer Meinung zu überzeugen. Mit ernster Miene und Nicken.

Es ging um das Erbrecht der Frau. Nicht wie hoch ihr Recht ist, oder wie das geregelt wird, sondern eher, ob sie überhaupt eines hat.

Da fiel dieser Satz auch: ‘Mein Hoca hat gesagt,…’

Und mir fiel plötzlich auf wie oft ich diesen Satz höre. ‘Mein Hoca/Imam/Sheikh hat gesagt’. Und daran ist weder zu zweifeln noch zu rütteln – denn es war der Hoca, der das gesagt hat. Weil Hocas nämlich die Weisheit mit dem Löffel gefressen haben (vor allem die, die sagen, dass die Frau das Erbe nicht nötig habe, da das in der türkisch – kurdischen Kultur nicht üblich sei). Man könne ihr aber, wenn man möchte vielleicht etwas Gold schenken,damit sie zufrieden ist)

An diesem Abend in der Türkei (und an vielen, vielen anderen Abenden, Tagen, Nächten auch) habe ich mich eingemischt. Als Frau. Als junge, unverheiratete, deutsche Frau.

Ich habe ihnen gesagt: „“Wisst ihr, es gibt eine Sure (An Nisa) im Koran, in der genau diese Sache beschrieben und erläutert wird. Und wenn ihr einen türkischen Koran nehmt und einen Tafsir (Erläuterung des Korans), dann könntet ihr die Antwort auf eure Frage finden, ohne zu einem Hoca zu gehen der euch scheinbar das Falsche in dieser Sache gelehrt hat, denn die Frau hat ein Recht auf Erbe.’

Eines anderen Abends hatte ich das Beispiel der Ansar und der Mekkaner angebracht, als Vergleich für die Türken – Syrer – Situation in der Türkei.

Und eines anderen Abends den Hadith, dass Aisha (r.a.) Berichtete, dass der Prophet Muhammed (s.a.s) manchmal so sehr weinte, als er vor Allah niederkniete, dass Tränen von seinem Bart getropft sind, weil er so durchnässt war.
Ich erzählte dies, weil sie meinten, dass ein Mann nicht weint und wenn doch, dass er schwach sei.

Die Reaktionen auf die drei Beispiele und auf alle anderen Situationen die ich in zwei Monaten erlebte war dieselbe:
Wir sind Menschen, Eşim, hieß es. Ganz normale. Und wir sollten uns nicht anmaßen auch nur zu denken, dass wir den Koran verstehen könnten, wie die Propheten oder die Sahaba, Geschweige denn denken, wir könnten uns sie zum Vorbild nehmen, denn das würde sie erniedrigen.
Ich solle vorsichtig sein.
Denn ich bin kein Hoca und der Hoca hat gesagt…

Die Erklärung für diese Worte (und für so viel anders dort) spiegelt sich auch in der der Tatsache wieder, dass ich den Koran in dem Haus auf einem hohen Regal fand, verstaubt und wahrscheinlich „vergessen“.

Wenn ich daran denke, was sie sagen würden, wenn sie meinen gefunden hätten , mal im Koffer, mal in der Tasche, mal auf dem Nachttisch, nicht viel höher als ein Sofa, zerknittert, beklebt mit PostIt und markiert wie ein Studienbuch. …

“Mein Hoca“ hat gesagt’, ist zwar ein einfacher Satz und es ist richtig, eine Fachperson in Angelegenheiten zu befragen, die unser Wissen überschreiten, um uns abzusichern, aber mein Hoca hat gesagt macht es uns auch zu einfach.

‘Mein Hoca hat gesagt’ kann dazu führen, dass die Menschen vergessen, dass der Koran für sie herab gesandt worden ist. Für jeden einzelnen Menschen auf der Welt.
‘Liest du den Koran so, als ob Allah ihn für dich persönlich geschrieben hat?’, fragte mich ein älterer Bruder während seines Vortrages. Ich war 13. Nein, damals habe ich ihn nicht so gelesen.
Denn der Hoca oder auch mein Vater wussten alles, was ich damals wissen wollte. Deshalb musste ich ihn auch nicht so lesen – dachte ich.

‘Mein Hoca hat gesagt’ gibt die gefährliche Freiheit das Hirn auszuschalten, Schafe zu sein die einem anderen Schaf hinterher laufen, statt nach dem Hirten zu suchen.

‘Mein Hoca hat gesagt’ führt dazu, dass wir Allah vielleicht nie näher kommen können als beim Freitagsgebet, weil wir nicht begriffen haben, weil ich nicht begriffen habe, dass es Allah um mich geht, wenn ich den Koran lese und Er sagt: ‘Haben wir denn nicht deine Brust geweitet und dir deine Last abgenommen?‘ (aus Sure 94)

‘Mein Hoca hat gesagt’ kann ein Weg zu Allah sein, aber auch ein Weg von Ihm weg.

Deshalb ist der Mut und die Erkenntnis den Koran zu nehmen, selbstbewusst das Hirn einzuschalten und den Koran so zu lesen, als sei er für dich, mich, uns persönlich geschrieben worden sein gefragt.

Ruhige Seele.

Ruhige Seele.

‚Oh du ruhige Seele! Kehre zurück zu deinem Herrn wohlzufrieden und mit (Allahs) Wohlwollen. So schließ` dich dem Kreis Meiner Diener an. Und tritt ein in Mein Paradies.‘ [89:27-30]

Oh mein Herr, du sprichst über die ruhige Seele über die Ruhe der Seele, welche meine sucht.
Lass uns zu den ruhigen Seelen gehören.
Sowohl im Dies- als auch im Jenseits.
Erlege unserer Seele nicht mehr auf, als sie zu tragen vermag.
Auf Dich allein ist mein, unser Vertrauen.
So schütze unsere Herzen und unsere Seelen vor Leid und Schmerz und lass Dein unendliches Licht über sie kommen.
Oh Herr, nimm den Menschen, welche uns immer nur mit einem Wort ein Lächeln ins Gesicht zaubern können niemals ihr Lächeln und gebe ihnen umso mehr Gründe dies zutun.
Oh Allah, trenne uns nicht von Menschen, die uns Dir näher bringen. Die unserer Seele gut tun.
Wie Heilung, auf deren Kommen wir gar nicht mehr gehofft hatten.
Und beschütze diese Menschen, in allem was sie tun.
Oh Allah. Der Eine. Der Ewige.
Die Stille der Nacht ist es wieder, die mich besucht und deine Worte kommen mir in den Sinn.
Gewähre auch meinen Geschwistern in Kriegsgebieten eine stille, friedvolle Nacht.
Wie schmerzvoll ist es, dass unsere Leiden ihre Wünsche sind.
Lass uns zu den Dankbaren gehören, oh mein Herr, zu dem Glückseligen.
Mein einziger Freund und Helfer.
Lass uns zu den ruhigen Seelen gehören!

_Lasst mich zurück. Zurück in die Unbeschwertheit und Gedankenfreiheit , in welcher ich Gottes Werk voll Seelenruhe genießen, Ihn lobpreisen konnte.

Amin! Erhöre.

Erschwernis – Erleichterung

huzur.

Es kommt mir in den Sinn. Immer öfter. Fast jede Minute. Und nachts. Da ist es der Inhalt meines Denkens, meines Atmens. Nachts ist es Alles.

Dieser Vers. Der mich begleitet hat durch so viele Höhen und Tiefen.

Wenn ich saß, weil mir die Luft weg blieb. Meine Augen sich füllten mit Tränen, aber nicht fließen duften, weil Schwäche nicht erwünscht war.

Ich sprach es zu mir, als sei es ein Elixier. Als würde es, wenn ich es nur oft genug dachte alle meine Sorgen weg fegen.

Und es kehrte eine Macht ein, wenn ich es immer wieder mit selbst zu flüsterte.
Ich konnte wieder atmen. Schluckte meine Tränen runter, hob sie auf für die stille Nacht, die entflohene Träne wischte ich weg, stand auf und ging weiter.

Es gibt Zeiten, da ist es mein Lebensinhalt. Das Etwas was mich daran hindert nicht im Bett liegen zu bleiben. Mich nicht selbst zu bemitleiden. Es hindert mich daran, kaputt zu gehen an mir Selbst. Und an das was mich lässt kaputt gehen.

Und es gibt Zeiten, da flüstere ich es anderen zu. Da bin ich nämlich erfüllt von dem etwas. Bin stark. Scheine nicht nur stark, sondern bin es. Da gebe ich anderen diesen Rat, dass dieses Elixier Wunder bewirkt.

Nun ist wieder die Zeit, in dem die Nacht gefüllt ist mit diesem Satz. Mit diesem Zeichen. Mit diesem Elixier. In der mir der Schlaf geraubt wird vom Alltäglichen. Und es ist wieder die Zeit, in dem mir meine Luft weg bleibt, meine Augen sich mit Tränen füllen und ich sie runter schlucke, denn Schwäche ist nicht gestattet.

Denn ich denke mir, und flüstere mir immer wieder zu:

Fa inna ma’al ‚usri yusra.. Fa inna ma’al ‚usri yusra.. Fa inna ma’al ‚usri yusra..

Und ich bekomme wieder Luft. Schlucke meine Tränen herunter. Hebe sie mir auf für die Stille der Nacht. Wische die eine entflohene Träne weg.

Noch einmal spreche ich es. Etwas lauter als sonst:

„Und wahrlich, mit der Erschwernis kommt die Erleichterung.“
Fa inna ma’al ‚usri yusra..

Ich stehe auf und gehe weiter..

(© emk)
(Quran; 94:6)