#campusrassismus

Wenn die Musikdozentin ein Lied singen will in dem von „Türkentrank“ und „Muselmännern“ die Rede ist und auf die Kritik hin, dass das nicht ok sei, mit „Ich verstehe dieses ganze politisch korrekte nicht, das ist Geschichte. Ich würde heute auch noch die Zehn kleine Negerlein singen“, antwortet. Sie bildet übrigens PädagogInnen der Kindheit aus. #campusrassismus

Rassismus begegnet uns überall. Auch auf meinem Blog sind viele Beiträge, die wegen Rassismus- und diskriminierungserfahrungen geschrieben und geteilt  worden sind. Die PoC Hochschulgruppe Mainz und ffm haben nun eine Online-Aktion gestartet, in dem die Rassismen auf dem Campus sichtbar werden sollen.

Rassismen die vor allem StudentInnen  auf dem Campus begegnen sollen mit dem #CampusRassismus  geteilt werden, damit die Öffentlichkeit, die Gesellschaft auf Rassismen aufmerksam gemacht wird, die in mitten unseres normalen Alltags passieren.
Oft verstecken sich Rassismen nämlich  hinter Witzen, ach so gut gemeinten Ratschlägen oder der Freiheit Dinge sagen zu dürfen, weil man doch befreundet sei. Doch Rassismus ist nun mal Rassismus. Rassismus ist weder witzig, noch ein gut gemeinter Rat und die Freundschaft ist keine Freikarte für Rassismus!

Macht mit um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen und eine Veränderung herbei zu rufen! 

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#campusrassismus

„Du hast dich verlobt? War aber schon deine eigene Entscheidung, oder haben dich deine Eltern dazu gezwungen. *lach* ach, ist doch nur ein Spaß!“

„Was, du bist zum Studieren ausgezogen und lebst allein?! Das haben deine Eltern erlaubt? Ich meine, ihr seid da doch immer so streng mit den Mädchen.“

„Der Raum der Stille ist ja eigentlich so sinnlos, das nutzen doch sowieso nur die Kopftuchmädchen. Die Uni hat sowieso schon zu wenig Räumlichkeiten.“

„Wenn eine Woche vor Praktikumsbeginn für ein von der Uni angeordnetes Pflichtpraktikum der Platz abgesagt wird, weil man sich doch entschieden habe keine Praktikantin mit Kopftuch einzustellen und dann noch den gut gemeinten Rat bekommt, dass man doch lieber das Studium abbrechen sollte, weil man mit so einer radikal-islamistischen Einstellung, die daran bemerkbar wäre, dass man sein Kopftuch nicht absetzten wolle, sowieso keinen Job finden würde. Schließlich würde niemand in der pädagogischen Branche eine schleichende Islamisierung meinerseits dulden.“ (siehe Text: wenn mein Kopftuch mit mir sprechen könnte)

 

 

Sei doch dankbar, dass du hier überhaupt studieren/zur Schule darfst.

meyeBildquelle: Meryem Bercin – meyebe.wordpress.com

Ich habe in letzter Zeit wieder viele Gespräche darüber geführt, wie meine früheren LehrerInnen mit mir, meiner Religionszugehörigkeit und vor allem mit meinem Kopftuch umgegangen sind.

Mir ist eine Gegebenheit eingefallen, in der eine Lehrerin das Kopftuch „kritisierte“ und ich versuchte gegen ihre „Kritik“ zu argumentieren. Irgendwann (als ihr nichts mehr einfiel) sagte sie:

„Weißt du Eşim, sei doch dankbar, dass du überhaupt hier zur Schule gehen darfst. Wenn du da wärst, wo du herkommst, dürftest du wahrscheinlich als Mädchen gar nicht die Schule besuchen.“

Ich glaube das war irgendwann in der 7. Klasse.
Ich wusste gar nicht, dass Mädchen aus der Kleinstadt (in Deutschland!) aus der ich komme die Schule nicht besuchen dürfen. Erschreckend!

Als ich auf der Oberstufe war und mit einem meiner Lehrer über Diskriminierung bei der Studienplatzvergabe (ja, so einen Fall gab es damals) von Mädchen mit Tuch sprach, meinte er mit ernster Miene: „Ich weiß gar nicht, wieso sich manche so anstellen. In der Türkei, wo ihr doch herkommt, dürftet ihr mit Tuch gar nicht erst das Uni-Gelände betreten. Studiert doch einfach irgendwas, nicht jeder kann das bekommen was er möchte. Hier dürft ihr wenigstens studieren.“

Abgesehen davon, dass die Lehrerin in der 7. Klasse und der Lehrer aus der Oberstufe (noch) nicht verstanden haben, dass „da wo ich herkomme“ eine Kleinstadt in Deutschland ist, war ihre Argumentation immer die, dass wir doch dankbar für das sein sollten, was „wir“ hier alles dürften.

„Wir“ = „Die mit Kopftuch, die von ‚woanders‘ herkommen“

Heute ist mir eine Passage aus der Autobiografie von Malcolm X eingefallen, mit der ich zu diesen Meinungen Stellung beziehen möchte:

„…oder dass eine Universität im Süden einen  schwarzen Studienanfänger eingeschrieben hatte, ohne dass die Nationalgarde ihre Bajonette aufpflanzen musste. Wenn ich so „abschweifte“, dann zappelte der Moderator am Haken: „Ahhh! Nun, Mr. Malcolm X –  Sie können nicht leugnen, dass das ein Fortschritt für Ihre Rasse ist!“
Das war der Moment, die Leine stamm zu ziehen: „Ich kann nicht einen einzigen Schritt tun, ohne mit etwas über ‚Fortschritte bei der Verwirklichung der Bürgerrechte‘ anhören zu müssen! Weiße glauben anscheinend, der Schwarze müsste in einem fort „Halleluja“ jauchzen! Seit vierhundert Jahren steckt das Messer des weißen Mannes im Rücken der Schwarzen – und jetzt fängt der Weiße an, das Messer ein winziges Stück herauszuziehen. Dafür sollte der Schwarze dankbar sein? Nun, selbst wenn der Weiße das Messer in einem Ruck ganz herauszöge, es bliebe immer noch eine Narbe zurück.““

(Malcolm X – Die Autobiografie, S. 285)

Ich weiß, dass das ein krasser Vergleich ist, aber das Denken und die Herangehensweise ist meiner Meinung dieselbe.