Von Selbstverwirklichung und Erfolg.

Wieder in einem Cafe spreche ich zu ihr, als würde ich zu mir selbst sprechen. Ich versuche ihr, die Brille des Schlechten abzusetzen und die Brille der Wahrheit ans Herz zu legen. Damit sie sich selbst nicht Unrecht tut. Ihrem Weg, ihrer  Geschichte, ihrem Leben und ihrer Bestimmung!

Enttäuscht, etwas frustriert vom nicht – vorankommen. Jeder tut etwas, jeder macht, jeder weiß was er machen möchte – nur wir nicht. Wieso?

Ich glaube daran, dass jeder einzelne Mensch für sich geschaffen wurde – bewusst. Mit Fähigkeiten und Eigenschaften, die nur dieser eine Mensch besitzt. Weil jeder Mensch eine andere Geschichte, einen anderen Hintergrund, andere Leiden und andere Freuden hat.

Gott hat den Menschen, wenn er mit Weisheit handelt, den Weg zur Selbstverwirklichung offengelegt. Doch der Mensch muss wissen, was er möchte und wofür er geschaffen ist.

Wir wollen alle Influencer sein, die besten Food- und Beautyblogger. Wir wollen tausende Follower als Instagram, die besten Fotos, die besten Kunstwerke, die besten Texte, die besten und coolsten Freunde. Wir geben mit Telefonaten und Treffen mit „bekannten“ Persönlichkeiten an – doch ist das erstens: unsere Bestimmung und zweitens: ist das Erfolg?

Gott spricht*, dass er den Menschen durch Anstrengung, Bemühung und das aktive Handeln formen wird. Er setzt das Bemühen voraus, damit er einen Menschen zu dem formen kann, für was er geschaffen ist.

Noch heute habe ich einer Freundin geschrieben: „Hast du mir nicht selbst vor Jahren gesagt, Gott wird dich schleifen und kneten, er wird dich formen und du wirst darunter leiden. Das ist alles, damit am Ende ein Diamant entstehen kann?“

Ich erinnerte sie an ihre eigenen Worte und mir wurde klar, dass es weder ihre Worte waren, noch heute meine Worte sind. Es sind die Worte des Schleifenden, des Formenden  und des Erziehenden.

Dieser Formungsprozess geschieht nicht von heute auf morgen. Es dauert lange, hat viele Etappen, hat viele Wege. Der Mensch muss erst einmal den positiven Pol des Menschseins entdecken, also: er muss sich selbst entdecken, der Mensch muss mit sich selbst Bekanntschaft schließen, sich selbst kennenlernen, damit er wissen kann, was und wer er ist, und wozu er ist. 

Man wird oft fallen und wieder aufstehen, um die Ausstattung für seinen eigenen Schöpfungssinn zu erlangen. Man wird Vorstellungen hinterfragen, seinen Verstand trainieren, die Persönlichkeit reifen lassen, damit man die Welt erschließen und gestalten kann. Man wird Wissen erlangen müssen, sich in Selbstbeherrschung üben müssen um dann Veränderung und Revolution üben zu können.

Gott verspricht** dem Menschen zu lehren, was er benötigt um sich selbst zu finden, sich selbst zu verwirklichen und somit dem Guten nützlich zu sein. Er leitet zum Ziel durch Fähigkeiten, durch das Öffnen und versperren von Wegen und durch die Sehnsucht, die in einem brennt nach dem, was man tun und was man erreichen möchte.

Ich habe vor kurzem in einem Seminar das Wort –lesbar werden- neu entdeckt. Und es hat mir sehr gefallen.

Denn Gott spricht darüber, dass wir als ersten Schritt, vor allem anderen lesen (Iqra) sollen. Lesen – lesen bedeutet: Einzelteile sehen, sie zusammenfügen und das Etwas dann als Ganzes betrachten (können). Somit ist es wichtig, dass jeder Mensch jedes einzelne Teil seines Lebens lebt, liest und betrachtet als Einzelteil das zum Ganzen führt – und der Mensch sich dadurch lesbar macht. Und nicht die Einzelteile klein schätzt, die es braucht, um zum Ganzen – um zum Erfolg zu gelangen.

Und was ist Erfolg? Ist Erfolg denn nun, 1Mio. Follower auf Instagram zu haben, ist Erfolg sich als „Künstler/in“ in der Biografie zu beschreiben, ist Erfolg auf der Bühne zu sitzen und sich applaudieren zu lassen, ist Erfolg eine Ausstellung, eine Publikation nach der anderen? WAS ist Erfolg? Wie definiert das Gute Erfolg, wie sehen wir Erfolg durch die Brille des Erziehenden?

Erfolg ist Glückseligkeit. Jeder Mensch möchte, wenn er im Totenbett liegt, doch einfach nur Glückselig sein und zufrieden mit dem was er getan hat, nach was er gestrebt hat. Denn Erfolg ist das Streben nach dem Guten um Glückseligkeit zu erlangen. Es ist nicht, wie RAF Camora in seinem Track „Niemals“ sagt, das reine Ziel. Sondern, Klischeehaft gesagt, der Weg, das aufrichtige Streben auf diesem Weg zum Ziel.

Für H. – Auf das wir uns formen lassen, um werden zu können und irgendwann zu sein. Gemeinsam.

 

*87:1/2

**87:6

Fotostrecke/Hibat Kelifi.

Hatte vor kurzem ein tolles Shooting mit der Künstlerin Hibat Kelifi. 

Wenn ihr auf ihren Namen klickt kommt ihr auf ihre inspirierende Instagram Seite! Ihr könnt, wenn ihr möchtet auch mir gerne folgen wenn ihr mich mehr im Alltag begleiten möchtet. @esimvongoethe

Hier ein paar Eindrücke von der Arbeit die entstanden ist. 

*

Ihr merkt es schon: sie mag Teppiche! 

Ich umarme ein Jahr Liebe. 

Müde, vom ganzen Kampf. Ruhe mich aus. Nach dem Kaffee gehts weiter. 

Setz dir Krone auf – und weiter! 

Bilder: (c) Hibatullah Kelifi

Theater auf Social Media. Die Seestadt-Saga!

Bildquelle: seestadt-saga.at

Stellt euch vor: ihr sitzt gechillt Zuhause und verbringt Zeit auf facebook, Instagram und Twitter. Ihr möchtet eigentlich mal sehr gerne ins Theater, aber dann müsstet ihr ja die Wohnung verlassen – nicht so gut bei dem Wetter. 

Was wenn ich euch sage, dass es Leute gibt die das  Theater zu euch nach Hause bringen? – auf deine facebook Chronik, dein Instagram Feed und deine Twitter Startseite? 

Das Schauspielhaus Wien hat ein neues Projekt: Die SEESTADT SAGA – Die erste begehbare Social Media Serie in Echtzeit!

Es gibt zum Beispiel eine Filmstudentin, die du auf Facebook auf ihren Livestreams begleiten kannst, wie sie bis spät in die Nacht an ihren Filmen arbeitet. Einen Versicherungsmakler, den Timur, bei dem du deine Haushaltsversicherung abschließen kannst. Einen Jungpolitiker mit dem du über Politik diskutieren kannst und eine junge Frau, die komische Dialoge mit ihrem Vater auf facebook hat. 

Das coole an der ganzen Sache: du kannst mitmachen und mitmischen. Schreib den Versicherungsmakler an und frag ihn nach einer Versicherung. Treff dich mit ihm und lass dich beraten. Geh auf die Wahlparty vom Politiker (die heute stattfindet) und verwickel‘ ihn in eine politische Diskussion oder, hilf der jungen Frau Katharina und ihren Eltern beim Umzug für ein kühles Bier oder eine Cola! Kommentiere auf allen Plattformen und mach mit! 

Ich werde glaube ich versuchen den Nachwuchspolitiker ein bisschen auf Twitter in die Mangel zu nehmen – mal schauen, wie er zu der aktuellen Situation in Österreich steht und wie er das Land gestalten möchte. 🙂 

Leute! Theater auf den meist genutzten Social Media Plattformen – das nenne ich die 4. Wand durchbrechen! – ein Meisterwerk. 

Die erste Staffel der Serie/Theater geht bis zum 12. November 2017 – alle Infos findet ihr auf der Seite von der Seestadt! -> www.seestadt-saga.at

Sieht so etwa das Theater des 21. Jahrhunderts etwa in Zukunft aus? 

Ruhepole.

In einer für mich sehr schwierigen und stressigen Zeit, riet mir ein sehr weiser Mann, ich solle mich selbst nicht vergessen und mir selbst auch etwas Gutes tun.

Er meinte, dass ich mir -Ruhepole- suchen soll. Ruhepole an denen ich zu mir kommen, mich ausruhen und mich fallen lassen kann. Abstand haben zum Stress, zum aufwirbelnden Alltag und all den kleinen Problemchen, die einem doch so groß erscheinen.

Ich habe beschlossen, die Dinge die ich mit der Zeit gelernt habe, dir mir gut taten und mir gut tun mit Euch zu teilen.

Ein Mensch der „aktivistisch“ tätig ist, neigt dazu ständig negative Dinge zu teilen, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Doch habe ich gemerkt, dass diese Negativität mich langsam all-umfasst hat. Und das möchte ich nicht. Deshalb die neuen Kategorien und dieser erste Beitrag auf meinem Blog.

Ruhepole also. 

Foto: Umut Güngördü

Ruhepole können Orte sein, können Menschen sein. Ruhepole kann Musik, ein bestimmtes Lied, ein bestimmtes Instrument sein.

Bei mir sind es Cafes, eindeutig Cafés, der Klang vom Klavier oder sonst gute Musik, in die ich mich einfühlen kann.

Ruhepole können auch Menschen sein. Menschen, denen man sich nicht erklären muss, die positiv sind, die dir Gutes mitgeben und das auch so beabsichtigen.

Diese Menschen, sagte der weise Mann, sind zu Beginn kleine Pflanzen, die man gießen sollte, damit sie größer, stärker und schöner werden.

Ich möchte Euch in diesem Beitrag mitgeben, Euch und Euer Wohl nicht zu vergessen. Euch Abstände zu gönnen, vom Alltag, von den Dingen oder Menschen die Euch bedrücken.

Sucht Euch euren persönlichen und für Euch besonderen Ruhepol. Findet heraus, was ihr liebt, wo und mit wem ihr gerne seid, mit was ihr Euch gerne beschäftigt. Fixiert, wenn möglich einen bestimmten Tag in der Woche oder alle zwei Woche, in dem ihr Euch zurück ziehen möchtet, und Euren persönlichen Ruhepol „besuchen“ möchtet. Schaltet das Smartphone aus oder auf lautlos. Macht damit nur, was Euch gut tut und euch Spaß macht (bei mir ist es Instagram). Nehmt Euch ein, zwei, drei Stunden in der Woche für Euch selbst und kommt zur Ruhe. 

Lass zu, dass auch einmal Ruhe in euren Alltag kehrt, dass ihr zu Ruhe kommen könnt. Denn das dürft ihr! Und das braucht ihr, so wie ich und jede/r andere auch.

Wahlkampfauftakt auf ServusTV.

Servus TV hat heute (01.Juni) wieder eine Glanzleistung erbracht. Das Problem mit den Muslimen ist dem Fleischhacker ja schon lange bekannt: „Das Problem ist der Islam“ schrieb er deshalb schon vor 10 Jahren (http://diepresse.com/home/meinung/kommentare/fleischhacker/330211/Leitartikel_Das-Problem-ist-der-Islam). Aber nun holte er den Integrationsexperten HC Strache als Studiogast, um seine eigene These mit ihm zu diskutieren. So hieß die Sendung auch: „Muslime in Österreich – warum scheitert die Integration?“ Bei so einem Titel, dieser Fragestellung und so einer Ausgangsposition ist es natürlich nicht möglich, das Thema in eine konstruktive Richtung zu lenken, denn eigentlich ist die Antwort schon vorgegeben.

Nach dem Servus TV gefühlt alle aktiven MuslimInnen in Österreich für die Sendung anfragte, diese aber absagten, weil man sich so einem Format nicht mehr hingeben und Respekt und Selbstachtung wahren wolle, griffen die Sendungsmacher nach Deutschland.

Der Politikwissenschaftler und Dozent Farid Hafez postete nach seiner Absage auf facebook:

„Ich halte es für höchst problematisch, unter so einem Titel zu diskutieren und hinzunehmen, dass ein Leben von MuslimInnen und restlichen Teilen der Gesellschaft bereits gescheitert sei. Das ist eine nicht bewiesene Behauptung, die für einen HC Strache, der auch an dieser Diskussion teilnimmt, eine ideale Ausgangslage für alle weiteren undifferenzierten Behauptungen bietet. Eine solche Aufmache dient nicht der Versachlichung der Debatte. Vielmehr reproduziert sie eine im rassistischen Diskurs vorhandene Essentialisierung des muslimischen Anderen. Und so etwas unterstütze ich nicht!“ (https://www.facebook.com/farid.hafez?fref=ts {02.Juni.2017}) 

Unter diesem Beitrag kommentierten zahlreiche ebenso angefragte MuslimInnen, die abgesagt haben und schlossen sich diesem Statement an.

Nach dem Servus TV am selben Tag der Sendung noch schnell eine (von all den Dingen ahnungslose) Muslimin in Deutschland anfragte und schnell einfliegen ließ, konnte die ganze Debatte, die einem Wahlkampfauftakt der FPÖ glich, losgehen. 

Heute waren auf der einen Seite, und das sage ich bewusst so, weil die TeilnehmenerInnen gerne über „Wir“ und „Sie“ gesprochen haben, HC Strache, der Historiker und „Islam-Experte“ Heiko Heinisch und Publizistin Birgit Kelle. Auf der anderen Seite waren die Modedesignerin Meriem Lebdiri aus Deutschland und Adnan Dincer aus Vorarlberg.

HC Strache war wie man ihn eben kennt: Bewaffnet mit Schlagwörtern wie „Kinder schützen“, „Salafismus“, „politischer Islam“ und weiteres was von einem Politiker aus seiner Ecke eben erwartet werden kann. Im Sinne einer berechneten „Islamkritik“ wurden alle Register gezogen. Von vergleichen islamischer Länder mit Österreich zum Kopftuch, über radikalisierte Jugendlicher, Predigten in Moscheen bis hin zu zusammenhangslosem Zitieren von Koranversen war alles dabei. Eigentlich mittlerweile sehr vorhersehbar.

Der Historiker und angebliche „Islam-Experte“ Heiko Heinisch wirft mit Zahlen um sich und versucht diese den anderen TeilnehmerInnen verständlich zu machen. Weiter möchte er der Mitdiskutantin Lebdiri erklären, dass weder sie noch er bestimmen könne, was ein Kopftuch bedeute. Frau Kelle wirft sofort ein, dass das die Gesellschaft tue. Im nächsten Satz entscheidet sich Heinisch um und wiederspricht sich, in dem er Lebdiri versichert: das Kopftuch ist ein Symbol des politischen Islam, ob sie wolle oder nicht. In dem Moment in dem Lebdiri versucht zu kommentieren, sprechen Strache, Heinisch und Kelle lautstark gleichzeitig auf sie ein und versuchen sie vom Gegenteil zu überzeugen. Lebdiri gibt auf. Wie arrogant muss man eigentlich sein, wenn man glaubt, einer erwachsenen Frau erklären zu müssen, was ihre selbstgewählte Kleidung bedeutet? Was für ein sexistisches Verhalten eine erwachsene Frau dermaßen zu bevormunden und ihr vorzuschreiben, was sie über ihr Kopftuch denken kann oder nicht?

Kelle, die offenbar an diesem Tag auf ihrem hohen Ross angereist ist, war das Abbild der europäischen, weißen Frau. Die Minderheitsgesellschaft müsse sich nun mal den Entscheidungen der Mehrheitsgesellschaft fügen. Dies nennt sie dann Demokratie. Das war dann auch ihr Lieblingswort an diesem Abend. Ob sie sich mit den Grundrechten in einer Demokratie auseinandergesetzt hat, ist eine Frage, die noch zu klären ist. Kelle möchte entscheiden. Weil sie Europäerin ist und Lebdiri & Dincer und alle für die sie an diesem Abend stehen, keine sind.

Selbst in ihrer Argumentation verteidigt sich Kelle und meint, es sei weder Diskriminierung noch Rassismus, was sie sage oder was sie fordere. Dann diskriminiert sie. Daraus kann man schließen, dass sie entweder rassistisch ist,  oder nicht ganz verstanden hat, was Diskriminierung und Rassismus bedeuten. Für sie sei das nämlich nicht Rassismus oder Angstmache, sondern ein „Standpunkt“ der Mehrheitsgesellschaft. Dass ihr Mitdiskutant Strache aber ständig über Angst spricht, interessiert sie weniger.  

Lebdiri, die Modemacherin aus Deutschland versucht oft, aber leider auch erfolglos das Wort an sich zu nehmen und ihren Standpunkt zu erläutern. Dabei geht sie oft in zwei Wort Dialoge mit Strache ein. Die Momente in dem sie das Wort an sich nimmt, vergibt sie sofort wieder mit der von ihr gestellten, aber bis zum Ende unbeantworteten Frage, wieso sie kein Kopftuch in der Schule tragen könne. Schlussendlich wurde, wie erwartet, die komplette Diskussion auf ihrem Rücken geführt, während Kelle sie um Erlaubnis bittet ihr mal Demokratie erklären zu dürfen, und Strache ihr lächelnd ins Gesicht sagte, dass er nichts gegen sie habe. Das hat nichts an der Situation geändert, dass sie die Quotenmuslima in dieser Runde war, um auch ja nicht vorgeworfen bekommen zu können, man habe der muslimischen Seite nicht das Wort gegeben. Dass die Redaktion im letzten Moment vergeblich nach einer Muslimin suchte, ist daran erkennbar geworden, dass man eine Frau in eine politische Runde setzte, die nicht aus dem politischen Aktivismus in Österreich kommt, sondern aus der Modeszene in Deutschland.

Dincer, der sogenannte „Migrantenpolitiker“ aus Dornbirn, hat seine Redezeit gut genutzt und war fokussiert auf politische Themen. Er ging sinnfreien Versuchen einer theologischen Diskussion, wie von Strache angezettelt, aus dem Weg und versuchte die Lage und die Empfindungen der MuslimInnen in Österreich so gut es geht zu erläutern.

Von Anbeginn an, durch die gezielte Setzung des Titels und mit einem weniger neutralen Moderator wurden MuslimInnen kollektiv in eine Verteidigungshaltung gedrängt und eine echte Debatte und Suche nach Lösungen unmöglich gemacht.  Mein Vorschlag für das nächste Mal wäre eine ausgeglichenere, auf Augenhöhe stattfindende Runde und vielleicht dasThema –Muslime in Österreich, wie gegenseitige Integration gelingt-!  

Frauensolidarität über Grenzen hinweg.

Ich war in den letzen Wochen wieder oft auf Veranstaltungen über Feminismus. Manchmal als Sprecherin, manchmal als Moderatorin, und oft als Zuhörerin. Oft war das Thema auch –Frauensolidarität-.

Ich merke, wie die ganzen Diskurse und Geschehnisse in unseren Ländern auch am Zusammenhalt der Frauen kratzt. Als Kind und Jugendliche meinte meine Familie immer, ich sei eigentlich zu spät auf die Welt gekommen – ich sei eine „60er-Jahre Frau“, durch und durch. Um ehrlich zu sein: ich war immer sehr stolz darauf. Denn das hat mir gezeigt, dass das was ich bin und das was ich sein möchte, von innen auch nach außen strahlt. Ich war oft alleine mit all den Gedanken die ich hatte, alleine mit all dem Kämpfergeist den ich in mir trug, und Gott seis gedankt, immer noch trage. Doch habe ich mit der Zeit Frauen gefunden, die genau so denken, die genau so fühlen. Die jeden Tag den selben Kampf kämpfen wie ich. Und es macht mich glücklich und baut mich auf. 

Sätze wie „Eine Frau die ein Kopftuch trägt, kann keine Frauenrechtlerin/Feministin/Kämpferin sein“, sind mir da nur unverständlich. Mein Geist, meine Seele und teils meine Lebensaufgabe werden mir abgesprochen. Nur weil ich einer bestimmten Religion angehöre. Das lasse ich nicht zu. Das lassen wir nicht zu! 

Ich streite nicht ab, dass die muslimische Community viele Probleme hat. Dass uns viele Herausforderungen entgegen stehen. Das ich mich oft damit beschäftige zeigt allein ein Blick auf all meine Posts. Doch wir dürfen auch nicht abstreiten, dass unsere Gesellschaft, unserer Gesamtgesellschaft, das System in dem wir Leben viele Probleme hat, dass uns auch hier viele Herausforderungen entgegen stehen. Wir müssen reflektieren, uns unserer bewusst sein, und dementsprechend handeln. 

Deshalb war ich motiviert und voller Freude und Licht, als ich bei einer Gruppe von jungen Frauen über Feminismus, Intersektionalität und Diversität sprechen durfte. Ich durfte sprechen als Betroffene. Zu anderen Frauen, mit denen ich mich zusammen tun möchte. Und den Weg gemeinsam gehen möchte. 

Mein Appell an diesem Nachmittag und immer war und wird sein: 
Lassen wir uns nicht von medialen und politischen Diskursen leiten und uns auseinander dividieren. Lassen wir nicht zu, dass zwischen „guten“ und „schlechten“ Frauen* und/oder FeministInnen unterschieden und separiert wird. Stehen wir ZUSAMMEN! Denn nur eine Frau* versteht eine Frau*, und nur eine Frau* hilft der Frau* ihre Rechte zu erlangen und dafür zu kämpfen. Sonst wird sich keiner „erbarmen“. Es ist egal, welche Religion, sexuelle Orientierung, Herkunft oder sonst was eine Frau* hat, für die Sache der Gerechtigkeit müssen wir zusammen stehen!

Foto: Frauenpolitische Kommission Steiermark

Erdogan ist nicht mein Vater!

„Und, sagen Sie mal, was halten Sie eigentlich von Erdogan?“, „Und was denken Sie darüber, was Erdogan so sagt?“

Diese Frage kommt mir bei jeder Gelegenheit, mindestens einmal am Tag, gleich nach der Frage, wieso ich denn ein Kopftuch trage, angehängt entgegen. Auch wenn mir diese Frage nicht gestellt wird, bin ich in sozialen Medien ständig damit konfrontiert. Als ich letztens auf einer Rap(!) Seite die AfD kritisiert habe, haben andere LeserInnen mich darüber augeklärt, dass ich als „Türkin“ doch erst mal Erdogan anschauen sollte. Man spricht mit und anderen in Deutschland und Österreich lebenden Menschen das Recht ab, in unserem Land, also DE und AT partizipieren zu dürfen!

Es wird darüber gestritten, dass türkische PolitikerInnen die türkische Innenpolitik nach Deutschland und Österreich tragen, aber, wenn ich Zeitungsseiten aufschlage oder Diskussionsrunden im TV ansehen möchte, im deutschen TV springt mir Erdogan nur so entgegen.

Ich möchte eine Sache klarstellen: Erdogan ist nicht mein Vater, nicht mein Bruder, nicht mein Mann. Erdogan ist nicht mit mir verwandt oder verschwägert. Wir sind auch keine Blutsgeschwister, ganz romantisch gesehen. Ich hatte noch nie Kontakt mit ihm, ich habe nicht einmal ein Wikipediaartikel über ihn gelesen. Ich interessiere mich einfach nicht für ihn!

Ich muss mir aber jeden Tag etwas über Erdogan anhören, wo ich mich doch null für die türkische Innenpolitik interessiere.

Wieso denn auch? – Ich kann sie nicht aktiv mitgestalten – wieso dann Zeit vergeuden, wo Deutschland und Österreich meine Heimat sind, ich hier wählen und aktiv Partizipation üben kann.

Durch diese ganze Türkei- und Erdogandebatten, werden muslimisch-türkisch-kurdische Menschen, nur noch mehr in die Ecke gedrängt, und dazu gezwungen, sich mit etwas zu beschäftigen, mit dem sie sich nicht beschäftigen würden oder wollen. Und im Gegenzug wird ihnen dann vorgeworfen, dass sie sich damit beschäftigen, sie hätten sich doch zu integrieren. Was ein Paradoxon!

Auf der anderen Seite, werden nicht-türkische Menschen durch die Medien dazu gezwungen, sich dazu eine Meinung zu bilden, im Rahmen ihres Zugangs, also meist dagegen. Es ist eine von außen aufgetragene Debatte – fremdbestimmt.

Ich glaube Politik und Medien müssen endlich verstehen – um Schadensbegrenzung betreiben zu können – dass wenn sie so auf den Zug aufspringen, Menschen mit türkischem Hintergrund Aussagen von Erdogan in Deutschland oder Österreich ausbaden müssen, sie tagtäglich damit beschäftigt sind, und die Türken- und Muslimfeindlichkeit steigt, so auch, dass der Zulauf an Erdogan nur steigen oder zumindest konstant bleiben wird.

Außerdem fällt niemandem auf, dass wir mit all diesen Debatten, wieder Debatten von vor 20 Jahren wieder aufholen, und darüber sprechen, ob wir uns hier wohl fühlen, ob das Land unsere Heimat ist. Integrationsdebatten von vor 20 Jahren, sind heute in Talk-Shows und Podien wieder der Renner. Das muss aufhören! Wir dürfen nicht wieder Schritte zurück machen, wir müssen nach vorne schauen – müssen unsere Zukunft gestalten und nicht, unsere Vergangenheit wieder in die Zukunft packen. Wir haben durch diese Debatten seiner Zeit schon genug Schaden davon getragen, wir können es besser, und so sollten wir es auch tun!

Kritik an die Herrscher.

Es gibt eine Geschichte aus der Zeit des Kalifen Omar r.a. die ich vor langer Zeit einmal hörte. Omar r.a. hat nach Antritt als Kalif irgendwann beschlossen, dass er den Betrag der Brautgabe auf einen bestimmten Höchstbetrag begrenzen wolle.

Die teilte er seinem Volk bei einer Besprechung mit. Kaum hatte er ausgesprochen erhob sich eine Frau aus der Masse, und wies ihn zu Recht. Sie meinte, dass der Kalif nichts begrenzen könne, was Allah für die Frau unbegrenzt und frei gelassen hatte. Es wäre Unrecht was er damit täte. Sie sagte das vor der ganzen Masse. Ich wiederhole, gibt euch das bitte: eine Frau erhebt sich und weist den Kalifen Omar! darauf hin, dass sein Beschluss ein Fehler ist. Und was tut er?

Omar, der dafür bekannt ist, dass er stark, aggressiv, und nicht gerade zum Schmusen ist. Er gibt ihr Recht, und nimmt seinen Beschluss zurück. Die Frau setzt sich sicher und die Sache ist gegessen.

Normalerweise führe ich solche Beispiele an, wenn ich zeigen möchte, dass Frauen sehr wohl ihre Klappe aufmachen dürfen und auch sollen. Doch heute geht es mir um etwas Anderes.

Ich wurde heute darauf aufmerksam gemacht, dass ich als Muslima dazu verpflichtet sei, die Fehler der muslimischen Geschwister zu verstecken.

Ich gebe Recht: Geschwister sollten die Fehler anderer Geschwister verdecken, sie nicht vorführen. Wir wissen, Allah sieht alles, weiß alles und wird jeden einzeln zur Rechenschaft ziehen.

Doch ein Staatsoberhaupt nicht kritisieren zu dürfen, (es ging in diesem Fall nämlich um Politik und Politiker) und nicht auf seine Fehler aufmerksam machen zu dürfen – ich weiß nicht was ich davon halten soll.
Die Beschlüsse die von einem Staatsoberhaupt ausgehen betreffen nicht nur ihn selbst, sie betreffen ein ganzes Volk, betreffen auch andere Menschen, die auf ihr Recht warten(warteten), die ein Recht auf ihr Recht haben!

Sollte man dann nicht wie diese Frau aus der Geschichte auf Fehler und Unrecht aufmerksam machen? Ist das nicht eine, unsere muslimische Pflicht? Und wenn selbst Omar r.a. so cool damit umgehen kann, wieso trauen wir es dann nicht einem Erdogan oder einer Merkel zu mit Kritik umzugehen? Wieso können diese nicht von ihrem hohen Roß runter steigen und akzeptieren, dass sie evtl. eine Fehlentscheidung getroffen haben? Kritisiert man nicht Menschen, von denen man etwas hält? Ist Kritik nicht eigentlich die schönste Form von Anteilnahme und Partizipation, oder ist es doch das blinde Folgen, gut und schön reden aller Sachen?

Kritik gehört dazu – Muslime sind dazu verpflichtet auf Missstände aufmerksam zu machen, mit Hikma, also Weisheit und Recht zu sehen, zu hören und zu handeln und Zulm, also Unrecht entgegenzuwirken und abzuschaffen, egal, woher diese kommt!