Verfolgung.

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Und dann sitzt du da und hattest es gerade vergessen, hattest alles gerade vergessen, was dich die letzte Zeit gequält hatte. Du warst eingetaucht in Arbeit und Ablenkung und wolltest stehen bleiben, weil das Weiterlaufen nur Schaden bringen würde, tiefe tiefe Schäden.

Und dann sitzt du da und bist dort, wo du zuvor nie warst und was du davor nur aus Erzählungen kanntest. Und du spürst es, das, wonach du seit Wochen, seit Monaten suchst, weil du es verloren hattest, weil es weg war und du Angst hattest, dass es nicht mehr kommt.

Aber der Rahmen, der passt nicht. Du willst es – aber nicht so. Du willst es – aber nicht dort. Du willst es – aber so wie du es eben willst, und nicht wie es gerade passiert.

Und dann sitzt du da und sie sind wieder da, die Sehnsüchte.

Verfolgung. Verfolgung durch dunkle Orte, durch helle, durch enge und durch breite Orte. Und es verfolgt dich und du rennst und rennst und man will es nicht sehen und hören weil man dann nur noch mehr suchen muss und zu keinem Ende gelangt.

Verfolgung durch unerfüllte Sehnsüchte. Und man wollte eigentlich stehen bleiben, um nicht ins Verderben zu laufen.
Doch Stillstand war noch nie die deiner Seel’s Art.

Gott ist das Licht.

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„Gott ist das Licht des Himmels und der Erde,
Das Gleichnis seines Lichtes ist Wie eine Nisch’,
in welcher eine Leuchte,
Die Leuchte ist in einem Glas,
Das Glas ist wie ein funkelnder Stern,
Die angezündet ist vom Segensbaume,
Dem Oelbaum nicht aus Osten noch aus Westen;
Das Oel fast selber leuchtet,
wenns Auch nicht berührt die Flamme;
Licht über Licht – Gott leitet Zu seinem Lichte, wen er will:
Gott aber prägt die Gleichnisse den Menschen,
Und Gott ist jedes Dings bewusst.“

aus dem Quran übertragen von Rückert

Der (andere) Himmel.

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In Gaziantep, in der Türkei, da gibt es keine Spitzdächer. Es gibt gerade Dächer, umrandet durch kurze Mauern, dass man nicht fällt.

Im Sommer, da schlafen wir auf den Dächern. Also ich, in der Zeit, als ich dort war. Vor kurzer Zeit. Die ich herbei sehne.

Und dann, nachts, da liegt man auf den Dächern, auf Matratzen auf dem Boden und hat mitten in der Nacht einen so klaren Himmel vor sich mit eine Milliarde Sterne und man sieht nach oben, wenn man da liegt, und möchte nicht schlafen weil es so schön ist, dass einem die Augen tränen und man das Schönste auf der Welt möchte, weil man einen Vorgeschmack darauf bekommen hat.

Und man sehnt sich Menschen herbei, die man liebt. Denn die Schönheit ist nicht alleine zu genießen, ist nicht alleine zu lieben.

Und beim Sonnenuntergang – da ist es so, als würde man die ganze Macht Gottes, vor sich haben. Und die Schönheit Gottes sich durch seine Schöpfung auf die wundervollste Art und Weise preis gibt.

Als ob der Himmel die Quran Zeilen rezitiert die diese beschreiben auf die göttlichste Art die es nur gibt.

Und zu Seinen Zeichen gehört die Schöpfung der Himmel und der Erde…“ Al-Shura:29

Die Vögel, die zu einer bestimmten Zeit von ihren Züchtern frei gelassen werden und die in Gruppen ineinander fliegen und wieder auseinander gehen, als würden sie tanzen.

Ich bin oft auf diese Dächer geflüchtet, vor dieser Welt, vor dem, was mich hier erwartet hat, und habe beobachtet. Die Zeichen Gottes, in allem was er schuf – auf die göttlichste Art die ich jemals sah!

Ich vermisse das. Den anderen Himmel.

Ich vermisse die Laute der Kinder die auf der Straße spielen, mit Nichts.

Und die Berge, alles braun! Und den Sand und die Kinder, die rennen und rennen  und man weiß nicht wieso und wohin, und man rennt hinterher und sie haben eine Wasserstelle entdeckt.

Ich habe das alles wie in einem Traum wahrgenommen.

Die Töne, die Kinder, die Natur.

Meine Sinne waren nicht so wie hier – in Deutschland. (Meiner Heimat)

Sie waren gespitzt und meine Seele, mein Herz und mein Geist – ihre Tore waren geöffnet. So offen, wie ich sie noch nie geöffnet hatte.

Und in diesen Toren sind sie hineingeströmt – die Sehnsucht nach der Liebe, die Erkenntnis Gottes in jedem Blick und Atemzug, der Schmerz und die Freude.

Und nun sind sie in mir – die Tore sind wieder geschlossen.

Und die Angst, dass sie verblassen…

Der Mond.

MOND

„Wie das Gestirn, der Mond, erhaben, voll Anlass,
plötzlich die Höhn übertritt, die entworfene Nacht
gelassen vollendend: siehe: so steigt mir
rein die Stimme hervor aus Gebirgen des Nichtmehr.
Und die Stellen, erstaunt, an denen du dawarst und fortkamst,
schmerzen klarer dir nach.“

RainerMariaRilke.

Jedes Warten hat ein Ende.

meye

Für die gute Seele Meye.

Jedes Warten hat ein Ende.

Ob gut oder schlecht, das sei dahin gestellt.

Jedes Warten hat ein Ende – ein „Ende“.

Das Ende kann schmerzen, so sehr, dass du denkst, deine Seele sterbe in diesem Moment. Unerträglich, all die Sekunden.

Und du fragst dich; hätte ich mir das Ende vielleicht doch nicht so sehr wünschen sollen? – weil jedes Ende auch Einsamkeit bedeuten kann, mehr als zuvor…

Doch am Ende des Schmerzes, meine schöne Seele, am Ende jedes Schmerzes wartet Heilung, Heilung und Zufriedenheit.

Und auch wenn die Gesundheit des Herzens nicht lange anhalten mag, und man genau weiß, dass die nächste Wunde bestimmt nicht lang auf sich warten werden lässt – denn manche leben um zu leiden – so lerne, du wundervoller Mensch, diese wenigen Minuten, Tage vielleicht auch Wochen, in welchen du zufrieden bist, in welchen du vielleicht das Glück gefunden hast, die Seele nicht sticht und nicht schreit, so lerne diese kurze Zeit voll aus zu leben!

In jedem Atemzug, in jeder Minute, in jedem Schritt,  denn, noch nie wirst du der Art segenreiches erlebt haben, wie diesen kurzen Moment des Heilens, des Glücks, der herrlichen Beisammenseins.

Ich denke an dich, und bete immer zu, dass das Warten ein Ende nimmt für ein noch schöneres, noch bildenderes Warten!

Mit dem Gebet, dass auch du die so so so sehr schönen Minuten des Heilens genießen darfst – wie auch ich es tu‘.

(HN, 04. August 2014)

Das Wort.

Das Wort.

Mächtig ist das Wort.
So mächtig. So zerstörerisch.
Das Wort.

Das Wort ist es doch, das krank macht, das heilt.
Das Wort verursacht Lachen. Es verursacht Tränen.

Das Wort macht aus einem Menschen das, was er hätte nie sein können, nie sein sollen.

Das Wort macht dich zum Sieger.
Das Wort macht mich zum Verlierer.
Sieger und Verlierer in einer Schlacht, in welcher wir hätten nebeneinander kämpfen sollen.

Das Wort macht aus einem Sklaven einen König.
Und aus einem König einen Sklaven.

Das Wort bestimmt Gut und Böse.

So mächtig ist das Wort. So zerstörerisch.

Das Licht löscht das Licht am Ende des Tunnels aus.
Das Wort zündet es aber auch an.

Das Wort färbt die Seele schwarz.
Das Wort kann sie aber auch kunterbunt streichen.

Das Wort entscheidet über unsere Nacht.
Das Wort bestimmt, ob wir seelenruhig schlafen.
Das Wort bestimmt, ob wir in Tränen ertrunken zu Gott beten.

Das Wort.
So mächtig ist es. So zerstörerisch.

Das Wort ist es, welches einen zum Grabe führen kann.
Das Wort ist es, welches einen zum Leben erwecken kann.

Das Wort.
Dein Wort war die Schwärze, das Kunterbunte. Das Licht, das Dunkle. Der Tod, das Leben.

Dein Wort in der Schlacht – meine Niederlage.

Dein Wort machte mich zur Sklavin meines eigenen Leids welches mich hätte auch zur Königin der bunten Welten machen können.

Das Wort.
So schwer ist die Verantwortung für jedes Einzelne.

Bis aus Alles – Nichts wird.

Bis aus Alles - Nichts wird.

Frag nicht nach mir, wenn dir nicht danach ist.
Lass mich untertauchen.
Untertauchen in deiner Gleichgültigkeit.
Bis alles was war in Vergessenheit gerät.
Ohne klaren Anfang.
Ohne klares Ende.
Bis aus Alles – Nichts wird.

‚Doch ewig bleibt der Pfeil in deiner Brust;
ich kenn‘ ihn, nie vernarben seine Wunden.
Dein Frieden ist vorbei;
Du hast empfunden.‘
-Friedrich von Schiller

Stiller Fall.

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Ich hoere in mich.
Nehme Stift und Papier zur Hand.
Ich hoere. Hoere. Ich hoere.
Doch nichts.

Es zuckt zusammen in mir.
Will den Stift nicht los lassen, ein zu treuer Freund ist er mir.

Ich hoere. [Hä?! echoechoecho…]

Ich atme. Tief ein. Aus.

Ich hoere.

Stille. Fall. Stiller Fall.

Scheint, als waere die Sehnsucht nach dem Himmel groeßer, als die Angst vor dem Fall.